Wie viele Überstunden sind erlaubt? Rechtslage 2024

People working on a table

Mit der Anpassung des Nachweisgesetzes vom August 2022 stiegen auch die Anforderungen an vertragliche Überstundenregelungen. Hinzu kam nur wenig später die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Beides hat mit Sicherheit dazu beigetragen, das Bewusstsein für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zu schärfen. Doch wie viele Überstunden sind tatsächlich erlaubt bzw. angemessen? Und welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um ein überhöhtes Überstundenpensum im Betrieb zu senken?

Key Facts

  • Eine vertragliche Überstundenregelung muss beinhalten, ob und unter welchen Gegebenheiten Überstunden zu leisten sind.

  • Wie viele Überstunden erlaubt sind, wird vom Gesetzgeber nicht konkretisiert.

  • Da sich zu viele Überstunden nachteilig auf Produktivität und Gesundheit auswirken, empfehlen sich unternehmenseigene Richtwerte.

  • Jugendlichen, Schwangeren und stillenden Frauen sind Überstunden weitestgehend untersagt.

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Was sind Überstunden?

Wenn die geleistete Arbeitszeit über die vertraglich festgelegte Anzahl von Arbeitsstunden hinausgeht, spricht man von Überstunden. Sie stellen also eine Differenz aus IST- und SOLL-Stunden dar. Doch wie viele Überstunden sind erlaubt – und welche weiteren Einschränkungen spielen eine Rolle?

Rechtliche Grundlagen der Überstunden

Zwar macht der Gesetzgeber keine Angaben darüber, wie viele Überstunden maximal erlaubt sind, gibt jedoch Bestimmungen bezüglich der zulässigen (Höchst-)Arbeitszeit vor. Das Arbeitszeitgesetz sieht eine werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden vor. Diese darf auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, solange es über 6 Monate hinweg bei durchschnittlich 8 Stunden oder weniger pro Werktag bleibt. 

Regelungen für Jugendliche

Für die Arbeitszeit von Jugendlichen (zwischen 15 und 18 Jahren) sind strengere Grenzen einzuhalten: Es gilt grundsätzlich eine maximale Arbeitszeit von 8 Stunden pro Werktag bzw. 40 Stunden pro Woche. Nur wenn die Arbeitszeit an einzelnen Tagen verkürzt ist, dürfen Jugendliche an den übrigen Wochentagen bis zu achteinhalb Stunden arbeiten (§ 8 JArbSchG). 

In Notfällen finden diese Bestimmungen ausnahmsweise keine Anwendung: Bei vorübergehenden und unaufschiebbaren Arbeiten sind Überstunden auch bei Jugendlichen zu rechtfertigen, wenn keine erwachsenen Beschäftigten verfügbar sind (§ 21 JArbSchG).

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Regelungen für Schwangere und stillende Frauen

Für Schwangere und stillende Frauen muss die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit eingehalten bzw. darf diese im Monatsdurchschnitt nicht überschritten werden. Gemäß Mutterschutzgesetz sind maximal achteinhalb Stunden täglich bzw. 90 Stunden pro Doppelwoche erlaubt (§ 4 MuSchG).

Überstunden bei Teilzeit

Auch für Teilzeitmitarbeiter:innen sind Überstunden weitestgehend ausgeschlossen – schließlich stehen diese im Widerspruch zum Konzept einer Teilzeitregelung. Prinzipiell kann man eine Überstundenregelung natürlich auch mit Teilzeitkräften vereinbaren. Es ist jedoch sinnvoll, den Umfang und die Regelmäßigkeit von Überstunden auf ein Mindestmaß zu begrenzen. 

Andernfalls können Teilzeitkräfte auch in Notlagen herangezogen werden, um Zusatzarbeit zu leisten. Zu diesen zählen beispielsweise Naturkatastrophen und Unfälle, die ein unmittelbares Handeln erfordern – auch kurz vor Feierabend.

Überstunden im Arbeitsvertrag

Das Nachweisgesetz schreibt in Bezug auf die Vertragsbedingungen von Arbeitsverhältnissen gewisse „Mindestinhalte“ vor (§ 2 NachwG). Für einen Arbeitsvertrag unentbehrlich sind unter anderen:

  • die vereinbarten Arbeits- und Ruhezeiten sowie Ruhepausen

  • der Anspruch auf Erholungsurlaub

  • eine Überstundenregelung

Seit August 2022 gilt: Neben Angaben zur Vergütung von Überstunden einschließlich etwaiger Überstundenzuschläge muss vereinbart werden, ob und unter welchen Voraussetzungen Überstunden angeordnet werden dürfen.

Alternativ kann man auf einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung mit entsprechender Überstundenregelung verweisen. 

Umgang mit Überstunden: Rechte und Pflichten

Detaillierte vertragliche Vereinbarungen zeugen nicht von mangelndem gegenseitigem Vertrauen, sondern bilden die Grundlage für eine solide, transparente und faire Zusammenarbeit. Um Missverständnissen, Unzufriedenheit oder falschen Erwartungen vorzubeugen, ist es im Interesse von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden, wenn in Bezug auf Überstundenregelungen von Anfang an Klarheit herrscht.

Arbeitnehmende

Neben dem Recht auf eine explizite Überstundenregelung im Arbeitsvertrag steht Arbeitnehmer:innen oft auch ein Überstundenausgleich zu. Entscheidend dafür ist, was im Einzelnen bei Vertragsschluss ausgehandelt wurde. Mitunter sind geleistete Überstunden bis zu einer gewissen Anzahl mit dem Gehalt abgegolten, sofern eine rechtsgültige Klausel besteht. Letztere muss die konkrete Angabe enthalten, wie viele unbezahlte Überstunden erlaubt sind (z. B. pro Monat). 

Ohne eine derartige Überstundenklausel haben Arbeitnehmer:innen Anspruch darauf, dass geleistete Überstunden vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen werden. In einem eventuellen Streitfall liegt die Beweislast aufseiten der Arbeitnehmer:innen und lässt sich im Zuge der Arbeitszeiterfassung bzw. Überstundendokumentation belegen. 

Arbeitgeber

Nur wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag bzw. die Betriebsvereinbarung eine entsprechende Regelung enthält, dürfen Arbeitgeber Überstunden anordnen – unter den schriftlich festgelegten Voraussetzungen. Auch hinsichtlich der Form ist die vertragliche Vereinbarung für alle Beteiligten bindend.

Arbeiten Beschäftigte freiwillig länger, kommt dem Arbeitgeber keine Pflicht zum Ausgleich der Überstunden zu. Anders sieht es aus, wenn die betroffenen Mitarbeiter:innen die zusätzliche Arbeit dokumentieren und ihre Vorgesetzten davon Kenntnis erlangen. In diesem Fall handelt es sich um geduldete Überstunden, die vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen werden müssen.

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Überstunden: Tipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmende

Laut den Daten von gehalt.de hat sich die durchschnittliche Überstundenzahl in Deutschland zwischen 2009 und 2021 mehr als halbiert – und zwar auf knapp 3 Überstunden pro Woche. Ein Grund besteht möglicherweise in der sinkenden Bereitschaft von Fach- und Führungskräften, Mehrarbeit zu leisten – vor dem angestrebten Hintergrund einer besseren Work-Life-Balance. Hinzu kommt, dass übermäßige Überstunden die Gesundheit belasten und die Produktivität senken können, sodass sich Gegenmaßnahmen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen gleichermaßen auszahlen:

  • Zeitmanagement fördern: Mitunter ist es weniger ein Übermaß an Arbeit als vielmehr der suboptimale Umgang mit der vorhandenen Arbeitszeit. Zeitmanagement-Methoden à la „Eat the Frog“, Kanban und Co. können dabei helfen, das Arbeitszeitpensum ökonomischer zu gestalten.

  • Flexible Arbeitszeiten schaffen: Ein großzügiger Arbeitszeitkorridor gewährt Mitarbeiter:innen mehr Freiräume, sodass sie die individuell produktivste Tageszeit bestmöglich nutzen können. Auch ein zeitnaher Freizeitausgleich gelingt auf diese Weise leichter.

  • Aushilfskräfte einstellen: Sind die Zeiten besonders hoher Arbeitslast vorhersehbar – etwa durch saisonal erhöhte Auftragslagen – können Arbeitgeber dieser Situation vorausschauend entgegenwirken. Mitunter lassen sich zahlreiche Aufgaben an Hilfskräfte verteilen, was die Arbeitslast der Stammbelegschaft reduziert.

  • Überstunden geregelt abbauen: Zwar sind die Bedingungen zum Abbau von Überstunden kein Pflichtbestandteil eines Arbeitsvertrags. Allerdings sind freiwillige Begrenzungen und Richtwerte empfehlenswert, damit sich Überstunden nicht unbegrenzt anhäufen. Gemeinsam mit dem Betriebsrat ist dies auch mithilfe von Betriebsvereinbarungen denkbar. 

Unternehmensintern regeln, wie viele Überstunden erlaubt sind

Damit Arbeitgeber im Bedarfsfall auf Überstunden zurückgreifen können, bedarf es einer vertraglichen Überstundenregelung. Wenngleich die Gesetzeslage offenlässt, wie viele Überstunden erlaubt sind, können unternehmenseigene Richtlinien sinnvoll sein. Denn zu viele Überstunden sorgen irgendwann dafür, dass die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen sinkt

Sowohl HR als auch Vorgesetzte sollten daher stets im Blick behalten, ob im Unternehmen zu häufig zu lange gearbeitet wird. Essenziell dafür ist ein zuverlässiges System zur nahtlosen Zeiterfassung. Mit Personio definieren Sie Überstundengrenzen und generieren Berichte und Analysen auf Knopfdruck. Auch die Wirksamkeit von Maßnahmen zum Überstundenabbau lässt sich auf diese Weise leicht überprüfen. Mehr über die HR-Software und ihre Funktionen erfahren Sie jederzeit in einem unverbindlichen Erstgespräch! 

FAQ

Wie viele Überstunden darf man maximal arbeiten?

Das deutsche Arbeitsrecht beinhaltet keine Grenze, wie viele Überstunden erlaubt sind. Das Arbeitszeitgesetz schreibt lediglich vor, dass durchschnittlich 48 Arbeitsstunden pro Arbeitswoche und maximal 10 Stunden täglich eingehalten werden müssen. 

Für schwangere oder stillende Frauen sowie Jugendliche sind Überstunden in der Regel ausgeschlossen.

Wie viele Überstunden pro Monat sind gesetzlich erlaubt?

Zwar gibt es kein explizites gesetzliches Limit der monatlichen Überstunden, allerdings existiert ein solches in Bezug auf die wöchentliche Arbeitszeit: Im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten darf diese maximal 48 Stunden betragen. Wie viele Überstunden sich daraus pro Monat ergeben, hängt also von der vertraglich festgelegten Arbeitszeit ab.

Müssen Überstunden auf Anweisung des Arbeitgebers gemacht werden?

Der Arbeitgeber kann Überstunden in der Regel nur dann anordnen, wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung besteht. Mit einer Betriebsanweisung können sich Arbeitgeber und Betriebsrat gegebenenfalls auf eine unternehmenseigene Regelung verständigen, wie viele Überstunden erlaubt sind. Eine Ausnahme besteht im Fall einer betrieblichen Notsituation, aufgrund derer Maßnahmen zur Schadensbegrenzung erforderlich sind. 

Wie werden Überstunden vergütet?

Überstunden können entweder mit Freizeit ausgeglichen oder vergütet werden. Für die zweite Variante besteht allerdings keine gesetzliche Pflicht zur Zahlung eines Überstundenzuschlags. Möglich ist auch eine vertragliche Regelung, nach der eine bestimmte Anzahl von Überstunden mit dem Gehalt abgegolten ist.

Disclaimer

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