Abwerben von Mitarbeitenden

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Die Grenze zwischen beruflichen und privaten Freundschaften verschwimmt immer mehr. So kommt es oft vor, dass Mitarbeitende, die ihr Unternehmen verlassen, Lieblingskolleg:innen von einem gemeinsamen Wechsel überzeugen möchten. 

Doch ist das Abwerben von Mitarbeitenden durch (ehemalige) Kolleg:innen überhaupt erlaubt? In diesem Artikel erfahren Sie, in welchen Fällen es zulässig ist, Mitarbeitende abzuwerben und wann nicht. Außerdem erfahren Sie, wie Sie sich als Arbeitgeber schützen und welche Maßnahmen Sie ergreifen können, wenn Ihre Mitarbeitenden abgeworben wurden.

Das Wichtigste zusammengefasst:

  • Mitarbeitende abzuwerben, ist grundsätzlich wettbewerbskonform (vgl. § 4 Nr. 4 UWG).

  • Arbeitgeber dürfen Headhunter beauftragen, Mitarbeitende für sie abzuwerben.

  • Unternehmen verstoßen gegen das UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb), wenn sie beim Abwerben unlautere Mittel einsetzen oder gesetzwidrige Ziele verfolgen.

  • Mit einer Vertragsklausel können Arbeitgeber ein Wettbewerbsverbot vereinbaren. 

  • Es ist rechtswidrig, wenn Kolleg:innen am Arbeitsplatz Mitarbeitende zur Kündigung oder Vertragsauflösung drängen.

  • Betroffene können sich gerichtlich wehren. 

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Was versteht man unter „Mitarbeitende abwerben“?

„Mitarbeitende abwerben“ ist der Versuch, Mitarbeitende zum Auflösen ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses zu bewegen, um selbst ein ebensolches mit ihnen zu beginnen.

Welches Vorgehen ist beim Abwerben von Mitarbeitenden erlaubt?

Wir leben in einer freien Marktwirtschaft, wodurch sich Mitarbeitende laut Grundgesetz (Artikel 12, Absatz 1, GG) für einen beliebigen Arbeitsplatz entscheiden dürfen. Solange sie die gesetzliche oder vereinbarte Kündigungsfrist einhalten, können sie sich jederzeit für einen neuen Arbeitgeber entscheiden. Konkurrenzunternehmen dürfen dies zu ihren Gunsten nutzen, denn Mitarbeitende abzuwerben, ist grundsätzlich wettbewerbskonform und somit erlaubt.

Beispiele für erlaubtes Abwerben

  • Ein Mitarbeiter wird in einem kurzen Telefonat über ein Jobangebot informiert und zu einem Vorstellungsgespräch außerhalb seiner Arbeitszeiten eingeladen. Es findet am Firmenstandort der Recruiterin statt. Dort lässt er sich mit attraktiven Arbeitsbedingungen und einem hohen Gehalt vom neuen Job überzeugen.

  • Eine Mitarbeiterin wird per XING zu einem neuen Jobangebot kontaktiert. Sie reicht kurzerhand die Kündigung ein. Da der neue Arbeitgeber schnell die zusätzliche Arbeitskraft benötigt, bietet er ihr einen zeitnahen Wechsel an. Die motivierte Arbeitnehmerin tritt, ohne groß darüber nachzudenken, die neue Stelle an, obwohl die Kündigungsfrist beim alten Arbeitgeber noch nicht abgelaufen ist.

ACHTUNG: Die Mitarbeiterin begeht durch den frühzeitigen Start beim neuen Arbeitgeber Vertragsbruch. Das neue Unternehmen hat jedoch nichts falsch gemacht. Der alte Arbeitgeber kann somit ausschließlich die (ehemalige) Mitarbeiterin belangen.

Fazit: So ist das Abwerben von Mitarbeitenden erlaubt

Mitarbeitende abzuwerben, ist erlaubt, wenn Arbeitnehmende das Arbeitsverhältnis selbstständig und unter Einhaltung der im Arbeitsvertrag festgelegten Kündigungsfrist beenden.

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Wann ist das Abwerben von Mitarbeitenden verboten?

Gezieltes Abwerben mittels hoher Gehälter und Sonderkonditionen ist laut dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb wettbewerbskonform, solange Wettbewerber nicht absichtlich behindert werden (vgl. § 4 Nr. 4 UWG). Dies trifft immer dann zu, wenn Unternehmen beim Abwerben unlautere Mittel einsetzen oder unlautere Ziele verfolgen.

Beispiele für wettbewerbswidriges Abwerben

  • Eine Mitarbeiterin wird in der Firmenmensa von einem Recruiter des größten Konkurrenten zu offenen Stellen in dessen Firma angesprochen. Die beiden essen dort gemeinsam zu Mittag und gehen die Stellenangebote durch.

  • Ein Mitarbeiter erhält über LinkedIn ein Jobangebot. Er sagt dem neuen Arbeitgeber zu. Dieser ist über die Kündigungsfrist von 4 Wochen informiert. Dennoch bittet ihn sein neuer Arbeitgeber, bereits ab nächster Woche einzuspringen. Es sei notwendig, da er eine Mitarbeiterin ersetzen soll, die das Unternehmen schon verlassen hat.

Fazit: So ist das Abwerben von Mitarbeitenden nicht erlaubt

Mitarbeitende abzuwerben, ist nicht erlaubt, wenn Arbeitgeber neue Mitarbeitende aktiv zum Vertragsbruch anstiften (Az. 1 U 97/06) oder sie mit irreführenden oder falschen Aussagen beeinflussen. Diffamierende Äußerungen und der Versuch, Unternehmen gezielt wirtschaftlich zu schwächen, sind wettbewerbswidrig (§ 4 Nr. 4 UWG). Das Versprechen von Prämienzahlungen für abgeworbene Mitarbeitende sind ebenfalls unlauter. 

Außerdem darf kein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den involvierten Unternehmen bestehen. Das ist der Fall, wenn die Arbeitgeber gleichartige Produkte bzw. Dienstleistungen im selben Endverbraucherkreisanbieten. Es reicht schon aus, wenn der Abwerbende im konkreten Fall im Wettbewerb mit dem alten Arbeitgeber steht (Az. I ZR 158/82). Es gilt ebenfalls als konkretes Wettbewerbsverhältnis, wenn Maßnahmen zur Förderung des eigenen Wettbewerbs (oder eines Dritten) eine Wechselwirkung zwischen den eigenen Vorteilen und den Nachteilen für den fremden Wettbewerb bewirken (Az. I ZR 94/13). 

Ist das Abwerben von Mitarbeitenden durch Headhunter:innen zulässig?

Ja, Arbeitgeber dürfen Headhunter:innen beauftragen, qualifizierte Mitarbeitende für sie abzuwerben. Die einmalige und kurze Kontaktaufnahme per Telefon oder E-Mail am Arbeitsplatz ist erlaubt, solange sie den betrieblichen Ablauf nicht stört (Az I ZR 221/01). Der Versuch, desinteressierte Mitarbeitende auf diesem Wege zum Jobwechsel zu drängen oder zu überreden, ist nicht zulässig. In der Freizeit des Mitarbeitenden dürfen Headhunter:innen Ihre Mitarbeitenden rechtlich gesehen jederzeit kontaktieren und jede Art von Gespräch führen, dem Mitarbeitende zustimmen.

Dürfen Kolleg:innen Mitarbeitende abwerben? 

Im selben Unternehmen beschäftigte Mitarbeitende dürfen Kolleg:innen aufgrund der Treuepflicht rechtlich gesehen nicht abwerben. Berichten Mitarbeitende jedoch in der Freizeit von einem Top-Arbeitgeber, können Unternehmen ohnehin nichts machen – rechtlich ist das ebenfalls zulässig. 

Natürlich sprechen Mitarbeitende unabhängig von irgendwelchen Paragrafen am Arbeitsplatz miteinander über ihre berufliche Zukunft – also auch über potenzielle neue Arbeitgeber. Darum zählt es nur als rechtswidrig, wenn Abwerbende auf der Arbeit immer wieder auf Mitarbeitende einreden und zur Kündigung bzw. Vertragsauflösung drängen. Dieses Verhalten können Arbeitgeber mit einer fristlosen Kündigung (§ 626 BGB) und Schadensersatzansprüchen (§ 628 Abs. 2 BGB) ahnden.

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Dürfen Ex-Kolleg:innen Mitarbeitende abwerben?

Wenn ehemalige Mitarbeitende ihre Ex-Kolleg:innen abwerben möchten, gelten für sie die gleichen Regelungen wie für Headhunter:innen und andere Unternehmen.

Verhindert eine Vertragsklausel das Abwerben von Mitarbeitenden?

Mit einer Vertragsklausel können Arbeitgeber ein Wettbewerbsverbot vereinbaren. Es verbietet Mitarbeitenden, nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Konkurrenz zu wechseln oder firmeninterne Informationen mit ihnen zu teilen. Die Wettbewerbsverbots-Klausel darf maximal zwei Jahre gelten. Halten sich Mitarbeitende nicht an die Vereinbarung, so müssen sie eine Karenzentschädigung an den Arbeitgeber zahlen.

Unternehmen und Mitarbeitende können Wettbewerbsverbote auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine entsprechende Zahlung vereinbaren. Die Option besteht auch, wenn das im Voraus beschlossene Wettbewerbsverbot unwirksam ist. Allerdings müssen Mitarbeitende diesem Vorschlag nicht zustimmen. In Kundenschutzvereinbarungen können Wettbewerbsverbote mit Freelancer:innen und anderen Geschäftspartner:innen vereinbart werden.

Rechte und Maßnahmen der Arbeitgeber bei Abwerbung von Mitarbeitenden

Arbeitgeber, die von Mitarbeiterabwerbung betroffen sind, haben Rechte und können sich gerichtlich wehren. In diesem Fall sollten Sie Ihr Vorgehen exakt dokumentieren, denn Sie tragen die Beweislast. Die Dokumentation sollte mindestens das Datum (mit Uhrzeit), gesammelte Dokumente zum Vorfall, Namen von involvierten Kontaktpersonen und Zeug:innen enthalten. 

Das sind Ihre Rechte und die Maßnahmen, die Sie ergreifen können:

  • Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (§ 8 UWG wegen Behinderungswettbewerb, § 4 Nr. 10 UWG): bei unlauterer Abwerbung (Das trifft auch zu, wenn der neue Arbeitgeber mit einem Headhunter zusammenarbeitete und selbst das verwerfliche Handeln auslöste oder dem zustimmte.)

  • Schadenersatzansprüche: bei sittenwidriger Schädigung (§ 9 UWG, § 826 BGB) oder Eingriff in den Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB)

  • Schadensersatz- oder Auskunftsansprüche: für Kosten durch die Verfolgung der Abwerbungsmittel oder -methoden

  • Zeitlich und sachlich befristetes Beschäftigungsverbot (§ 138 BGB): Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrags

  • Strafrechtliche Sanktionen (§§ 17, 18 UWG): bei Verrat und Verwertung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie -unterlagen

Fazit: Der beste Schutz vor Mitarbeiterabwerbung ist Arbeitgeberattraktivität

Es gibt viele legale Wege, um an Mitarbeitende anderer Unternehmen zu kommen. Selbst mit den größten Bemühungen können Arbeitgeber das nicht vollständig verhindern. Wenn Ihre Mitarbeitenden abgeworben wurden, können Sie im Nachhinein zwar rechtliche Ansprüche wie Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche geltend machen, doch das wertvollste Gut haben Sie zu diesem Zeitpunkt bereits verloren: die Loyalität Ihrer geschätzten Mitarbeitenden. Nichts kann zu 100 Prozent vor dem Abwerben schützen. Dennoch ist es für die besten Headhunter:innen nahezu unmöglich, eine:n glückliche:n Mitarbeitende:n von seinem/ihrem Top-Arbeitgeber zu trennen.

FAQ Abwerben von Mitarbeitenden

Was gilt als Abwerben?

Beim Abwerben von Mitarbeitenden versuchen Headhunter:innen, Arbeitgeber oder Kolleg:innen, Mitarbeitende dazu zu bringen, ihr Arbeitsverhältnis mit dem aktuellen Arbeitgeber zu beenden, um ein neues zu beginnen.

Wann ist Abwerben strafbar?

Mitarbeitende abzuwerben, ist strafbar, wenn unlautere Mittel eingesetzt oder unlautere Ziele verfolgt werden. Beispiele sind:

  • aktive Verleitung zum Vertragsbruch, z. B. Androhung von Nachteilen 

  • Veranlassung zu einer ordnungsgemäßen Lossagung, z. B. durch Irreführung

  • Vertrauensverhältnis oder Vertragsverhandlung zwischen altem und neuem Arbeitgeber

  • angestrebte wirtschaftliche Schwächung des Wettbewerbers, z. B. durch Wegnahme der Arbeitskraft

  • Aufdeckung von Geschäftsgeheimnissen

  • Unterbreitung eines Jobangebots auf dem Betriebsgelände des aktuellen Arbeitgebers

  • Zahlung von Prämien für abgeworbene Mitarbeitende

Was ist ein Abwerbeverbot?

Mit einer Vertragsklausel können Arbeitgeber ein Abwerbeverbot vereinbaren. Es verbietet Mitarbeitenden, nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Konkurrenz zu wechseln oder firmeninterne Informationen mit ihnen zu teilen. Halten sich Mitarbeitende nicht an die Vereinbarung, so müssen sie eine Karenzentschädigung an den Arbeitgeber zahlen. Diese kann auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden.

Wie können Sie Mitarbeitende gesetzeskonform abwerben?

Mitarbeitende abzuwerben, ist erlaubt, wenn die Arbeitnehmende das Arbeitsverhältnis selbstständig und unter Einhaltung der Kündigungsfrist beenden. Konkurrenzunternehmen dürfen mit attraktiven Konditionen überzeugen, denn Mitarbeiter:innen abzuwerben, ist grundsätzlich wettbewerbskonform und somit erlaubt.

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