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Arbeitsstättenrichtlinie: Definition, Vorgaben und Beispiele
Im Zuge des Arbeitsschutzgesetzes ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz seiner Mitarbeiter:innen zu gewährleisten. Doch wie schaut dieser Schutz konkret aus? Worauf ist bei der Einrichtung eines Büros zu achten und wie beugt man Arbeitsunfällen rechtskonform vor? Die Antworten auf diese Fragen liefern die Arbeitsstättenverordnung und die zugehörigen Arbeitsstättenrichtlinien.
Vorlage: Gefahren im Büro definieren und eliminieren.KEY FACTS:
Die Arbeitsstättenverordnung wird durch Arbeitsstättenrichtlinien konkretisiert.
Bei den Arbeitsstättenrichtlinien gilt die Vermutungswirkung. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber davon ausgehen darf, die Arbeitsstättenverordnung einzuhalten, indem er die Arbeitsstättenrichtlinien praktisch umsetzt.
Die Arbeitsstättenverordnung gilt für Telearbeit, aber nicht bei mobiler Arbeit, wenn sie in unregelmäßigen Abständen fern des Arbeitsplatzes stattfindet.
Definition Arbeitsstättenrichtlinien
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) soll den physischen sowie psychischen Schutz der Angestellten am Arbeitsplatz sicherstellen. Ergänzt wird sie durch die Arbeitsstättenrichtlinien, auch Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) genannt. Die Arbeitsstättenrichtlinien werden vom Ausschuss für Arbeitsstätten ausgestaltet. Sie dienen dem Arbeitgeber als praxisnahe Orientierung, wenn es darum geht, die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung konkret und bestmöglich umzusetzen.
Themen der Arbeitsstättenverordnung
Zu den neuen Paragrafen der Arbeitsstättenverordnung existieren bis dato (Stand März 2022) die folgenden ergänzenden Arbeitsstättenrichtlinien:
ASR V3 Gefährdungsbeurteilung
ASR V3a.2 Barrierefreie Gestaltungvon Arbeitsstätten
ASR A1.2 Raumabmessungen und Bewegungsflächen
ASR A1.3 Sicherheits- undGesundheitsschutzkennzeichnung
ASR A1.5 Fußböden
ASR A1.6 Fenster, Oberlichter,lichtdurchlässige Wände
ASR A1.7 Türen und Tore
ASR A1.8 Verkehrswege
ASR A2.1 Schutz vor Absturz undherabfallenden Gegenständen,Betreten von Gefahrenbereichen
ASR A2.2 Maßnahmen gegen Brände
ASR A2.3 Fluchtwege und Notausgänge
ASR A3.5 Raumtemperatur
ASR A3.6 Lüftung
ASR A3.7 Lärm
ASR A4.1 Sanitärräume
ASR A4.2 Pausen- und Bereitschaftsräume
ASR A4.3 Erste-Hilfe-Räume, Mittel undEinrichtungen zur Ersten Hilfe
ASR A4.4 Unterkünfte
ASR A5.2 Anforderungen an Arbeitsplätzeund Verkehrswege auf Baustellen imGrenzbereich zum Straßenverkehr –Straßenbaustellen
Gut zu wissen: Die Arbeitsstättenrichtlinien haben eine sogenannte Vermutungswirkung. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber davon ausgehen darf, mit der Umsetzung der ASR konform zur Arbeitsstättenverordnung zu handeln. Die Arbeitsstättenrichtlinien sind jedoch nicht verbindlich. Alternative Umsetzungsformen sind den Unternehmen freigestellt. Entscheidend ist, dass die Alternativen mindestens ebenbürtige Schutzwirkung bei Einrichtung und Betrieb der Arbeitsstätte leisten.
So gestalten Sie den Arbeitsplatz optimal auf die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter:innen abgestimmt.
Arbeitsstättenverordnung im Büro
Als Arbeitsstätte definiert der Absatz 1 im § 2 Begriffsbestimmungen der Arbeitsstättenverordnung alle Orte in einem Gebäude oder im Freien, die „zur Nutzung für Arbeitsplätze vorgesehen sind“. Arbeitsplätze wiederum sind Orte, an denen Arbeitnehmer:innen ihrer Arbeit nachgehen, wie beispielsweise im Büro. Für das Einrichten und Betreiben eines Büros gelten besondere Richtlinien.
Gut zu wissen: Zur Arbeitsstätte zählen laut § 2 der Arbeitsstättenverordnung unter anderem auch Verkehrs- und Fluchtwege, Lager-, Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräume, Erste-Hilfe-Räume und sogar Unterkünfte.
1. Die optimale Abmessung des Arbeitsplatzes
Der benötigte Raum pro Büromitarbeiter:in, gemessen in Quadratmeter pro Arbeitsplatz, berechnet sich aus:
Bewegungsfläche = unverstellte Bodenfläche, die es den Arbeitnehmer:innen ermöglicht, ihren Aufgaben nachzugehen
Stellfläche = Raum, den die benötigten Arbeitsmittel zur Lagerung einnehmen
Funktionsfläche = Platz, den die Arbeitsmittel bei der Verwendung einnehmen
Verkehrswege und Sicherheitsabstände = Gänge im Büro, einschließlich Fluchtwege
Pro Mitarbeiter:in sind 1,50 m²Bewegungsfläche einzuplanen. Der durchschnittliche Büro- oder Bildschirmarbeitsplatz sollte zudem 8 bis 10 m²betragen, wohingegen im Großraumbüro (ab 400 m²) 12 bis 15 m²je Arbeitsplatz angedacht sind. Dass ein Großraumbüroarbeitsplatz im Vergleich mehr Fläche benötigt, ist mit der verstärkten Lärmbelastung und einer größeren visuellen Ablenkung begründet.
Tipp: Bei der Gestaltung der Büroräume ist es sinnvoll, die Aufbauorganisation im Blick zu behalten.
2. Die richtige Beleuchtung am Arbeitsplatz
Bei der Bürobeleuchtung gilt folgender Grundsatz: Natürliches Licht ist künstlichem Licht, wann immer möglich, vorzuziehen! Doch nicht jedes Büro ist ausreichend von Sonnenlicht durchflutet und gerade bei Bildschirmarbeitsplätzen ist die adäquate Ausleuchtung eine knifflige Sache. Einerseits steigert Sonnenlicht das Wohlbefinden, andererseits bringt eine zu starke Sonneneinstrahlung auch negative Aspekte mit sich, wie beispielsweise Blendung und Spiegelungen auf dem Bildschirm. Um die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen zu schützen und ihre Arbeitsleistung optimal zu unterstützen, ist die Wahl und Ausgestaltung der Raumbeleuchtung entscheidend. Deshalb ist auf folgende Punkte besonders zu achten:
Vermeidung von visuellen Störungen, z. B. durch Rollläden, Vorhänge oder Jalousien
Ausreichend Schattenspenden, ohne dass der Schatten Gefahrenquellen überdeckt
Bei der Installation von künstlichem Licht ist es wichtig, dass der Raum gleichmäßig ausgeleuchtet wird und sich die beleuchteten Notsignale genügend abheben
3. Höchstzulässige Lärmbelästigung
Eine zu starke Lärmbelästigung im Büro beeinflusst nicht nur die Arbeitsleistung und die Kommunikation, sie kann auch gesundheitliche Folgen für die Betroffenen nach sich ziehen. Ein Mensch, der langfristig starkem Lärm ausgesetzt ist, reagiert verlangsamt und leidet unter eingeschränkter Wahrnehmung sowie Stressgefühlen. All diese Faktoren zusammen erhöhen das Unfallrisiko am Arbeitsplatz. Ausschlaggebend für die Belastung ist auch die Art der Geräusche. Während ein simultanes Hintergrundrauschen leichter ausgeblendet werden kann, zehren vor allem hohe und schrille Töne, die im schlimmsten Fall noch nachhallen, an den Nerven und der Konzentration. Fest steht: Für möglichst wenig Stress und ein umfassendes Konzentrationsvermögen sollte ein Lärmpegel von 55 Dezibel nicht überschritten werden!
Schon bei der Einrichtung sollten spätere Lärmquellen bedacht und minimiert werden – beispielsweise durch den Einsatz von lärmarmen Arbeitsmitteln, Schalldämpfung und gedämpften Fußböden. Mithilfe einer regelmäßigen Überwachung des Lärmpegels durch Analysen und Messungen lässt sich die Lärmbelastung im Büro auch langfristig reduzieren.
Typische Lärmquellen im Büro: überholte Klima-, Heizungs- und Sanitäranlagen, laute Computer sowie Kopier- oder Faxgeräte, ungebremste Türen, harte Fußböden oder die Bewegung von nicht gepolsterten Stühlen wie Tischen.
4. Raumtemperatur und Frischluft
In den Arbeitsstättenrichtlinien ist von einer „gesundheitlich zuträglichen Raumtemperatur“ die Rede. Damit ist die Temperatur gemeint, bei der der menschliche Wärmehaushalt ideal ausgeglichen ist. Wie viel Wärmezufuhr ein Mensch benötigt, hängt jedoch von ausgewählten Faktoren wie zum Beispiel der Bekleidung, dem Schweregrad der Arbeit, der räumlich bedingten Luftfeuchte und der Sonneneinstrahlung ab. Als Richtwert für Büroeinrichtungen aller Art sieht die Arbeitsstättenverordnung eine Temperatur von 19 bis 25 °C vor.
Auch auf eine ausreichende Belüftung der Büroräume ist zu achten. Gerade in Großraumbüros mit vielen Personen auf einer begrenzten Fläche wird es schnell stickig.
Tipps für ein besseres Raumklima:
Frischluft ist besser als künstliche Klimatisierung
Ein stündliches Stoßlüften regt den Luftaustausch an
Pflanzen im Büro produzieren zusätzlichen Sauerstoff
Wichtig: Auch die Kohlendioxid- sowie die Feinstaubbelastung sind zu überwachen und durch entsprechende Maßnahmen zu reduzieren. An stark befahrenen Straßen sind raumlufttechnische Anlagen natürlicher Belüftung aus Gesundheitsgründen vorzuziehen.
Gut zu wissen: Beim Öffnen von Fenstern dürfen die Verkehrswege und Bewegungsflächen nicht eingeschränkt werden. Ein unkontrolliertes Schwenken der Fenster ist zu vermeiden und Hebel wie Griffe sollten abgerundet sein.
5. Ergonomische Einrichtung
Zu den Arbeitsplatzrichtlinien zählt auch die Ergonomie am Arbeitsplatz. Gemäß der Arbeitsstättenverordnung § 3a Absatz 1 ist der Arbeitsplatz so einzurichten, dass er den ergonomischen Anforderungen der Mitarbeiter:innen entspricht. Mit dem Ziel, dauerhaft zu gewährleisten, dass der Körper weder über- noch unterfordert wird, stellt sich folgende Frage: Wie kann der Arbeitsplatz gestaltet werden, damit Mitarbeitende ideal und gesundheitszuträglich die gestellten Aufgaben umsetzen und die benötigten Arbeitsmittel verwenden können? Gerade in Bezug auf Bildschirmarbeitsplätze in Büros gibt es eine Menge zu beachten:
eine angepasste Displayhelligkeit
ausreichend Bildschirmpausen
wechselnde Arbeitshaltung
Ausgleich von Bewegungsmangel
optimale Positionierung von Maus und Tastatur – Tipp: Die Tastatur sollte möglichst nahe zum Körper ausgerichtet sein
Berechnen Sie die Produktivität Ihrer Mitarbeiter:innen mit einer ganz einfachen Formel.
6. Nichtraucherschutz
Der § 5 Nichtraucherschutz der Arbeitsstättenverordnung verfügt, dass der Arbeitgeber Nichtraucher:innen unter seinen Arbeitnehmer:innen vor einer Gesundheitsgefährdung durch Tabakrauch zu schützen hat. Zu diesem Zweck sind allgemeine oder räumlich abgetrennte Nichtraucherbereiche im Büro zu bestimmen.
7. Unterweisung der Beschäftigten
Der Arbeitgeber ist zudem dazu verpflichtet, seine Beschäftigten ausreichend über die Sicherheitsvorkehrungen am Arbeitsplatz zu informieren und sie so zum Selbstschutz zu befähigen. Dazu gehört unter anderem eine regelmäßige Unterweisung in die …
vorhandenen Fluchtwege
Brandschutzregeln
Erste-Hilfe-Mittel
Arbeitsstättenverordnung und mobiles Arbeiten?
Auch nach der großen Homeoffice-Periode kehren noch lange nicht alle Mitarbeiter:innen Tag für Tag an den Büroschreibtisch zurück. Doch greift die Arbeitsstättenverordnung auch im Homeoffice? Die Antwort auf diese Frage liefert die begriffliche Trennung zwischen Telearbeit und mobilem Arbeiten. Die Telearbeit wird in der Arbeitsstättenverordnung unter § 2 Absatz 7 aufgegriffen und definiert. Unter einem Telearbeitsplatz versteht man einen festen Bildschirmarbeitsplatz, der durch den Arbeitgeber bei Arbeitnehmer:innen zu Hause installiert wird. Ein solcher Arbeitsplatz muss vertraglich vereinbart sein und für eine feste (wöchentliche) Arbeitszeit genutzt werden. Nur unter diesen Bedingungen wird der Privatbereich zur Arbeitsstätte. Bei gelegentlichem mobilen Arbeiten gilt die Arbeitsstättenverordnung demnach nicht.
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Zusammenfassung
Die Arbeitsstättenverordnung verpflichtet den Arbeitgeber dazu, die Arbeitsstätte so zu planen, einzurichten und zu betreiben, dass die Sicherheit der Angestellten zu jedem Zeitpunkt gemäß den Arbeitsstättenrichtlinien gewährleistet ist. Bei der Einrichtung eines Büros liegt besonderes Augenmerk auf folgenden Faktoren:
Raumgröße: mindestens 8 m²
Raumtemperatur: 19 – 25 °C
ausreichend Frischluft durch Stoßlüften und künstliche Belüftungssysteme
geringe Lärmbelastung: maximal 55 Dezibel
Beleuchtung: möglichst viel natürliches Licht und gleichmäßige Ausleuchtung
ergonomische Gestaltung von Arbeitsplatz und -zeiten
Nichtraucherschutz
Befähigung der Mitarbeiter:innen zum Selbstschutz durch regelmäßige Sicherheitsschulungen
FAQs
Wo steht die Arbeitsstättenverordnung?
Die Arbeitsstättenverordnung ist auf der Seite des Bundesministeriums der Justiz zu finden.
Wer beschließt die Arbeitsstättenverordnung?
Nach Verabschiedung des initialen Gesetzes beschließt das Bundeskabinett Änderungen an der Arbeitsstättenverordnung. Die auf der Arbeitsstättenverordnung basierenden Arbeitsstättenrichtlinien werden vom Ausschuss für Arbeitsstätten formuliert.
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