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Arbeitszeiterfassung: Gesetzliche Pflicht und Modelle
Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ermöglicht Unternehmen und Beschäftigten, einen Überblick über abgeleistete Zeiten zu behalten. Doch wie ist sie umsetzbar? Wir beantworten die wichtigsten Fragen: technische Möglichkeiten, gesetzliche Pflichten, rechtssichere Methoden zur Arbeitszeiterfassung und Datenschutz.
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Inhalt
- 1Was bedeutet Arbeitszeiterfassung?
- 2Ist Arbeitszeiterfassung Pflicht? Die aktuelle Gesetzeslage
- 3Wer muss keine Arbeitszeiten erfassen?
- 4Gängige Modelle, um Arbeitszeiten zu erfassen
- 5Ist Arbeitszeiterfassung in allen Branchen Pflicht?
- 6Arbeitszeiterfassung und Datenschutz
- 7On-Demand Webinar Arbeitsrecht: Arbeitszeiterfassung - Wie geht es weiter?
Was bedeutet Arbeitszeiterfassung?
Der Begriff Arbeitszeiterfassung umfasst sämtliche Möglichkeiten, die täglichen Arbeitszeiten von Arbeitnehmenden – den Zeitraum also, in dem diese ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht nachkommen müssen – so exakt wie möglich zu dokumentieren. Ruhezeiten und unbezahlte Pausen gehören nicht zur Arbeitszeit. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Arbeitszeiterfassung dem Aufgabengebiet der HR zugeordnet.
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Warum ist die Zeiterfassung wichtig?
Die korrekte Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeiten hilft sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmer*innen, einen Überblick über die geleistete Arbeit zu behalten.
Arbeitgeber erhalten Informationen über die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten
Falls nicht, zeigt die Arbeitszeiterfassung, wann ein Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht handeln und einschreiten muss
Arbeitnehmer*innen können kontrollieren, ob der Arbeitgeber ihren Lohn auf Basis der erfassten Arbeitszeit korrekt abgerechnet hat und ob ihre Überstunden sauber erfasst wurden.
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Bis Mai 2019 hatten Unternehmen auf Basis des Arbeitszeitgesetzes in Deutschland lediglich die Pflicht, jene Arbeitszeit zu dokumentieren, die über acht Stunden pro Tag hinausgeht (also Überstunden) sowie die Sonn- und Feiertagsarbeit. De facto ist dies kaum möglich, ohne Anfang und Ende der regulären Arbeitszeit zu kennen. Das Arbeitszeitgesetz fordert zwar eine korrekte Arbeitszeiterfassung, hatte jedoch keine detaillierte Erfassung zum Ziel. Dennoch dient das Gesetz als wichtiger Orientierungspunkt, regelt es doch so zentrale Punkte wie
Maximale Arbeitszeiten pro Tag
Mindestdauer der täglichen Ruhezeiten
Arbeit an Sonn- und Feiertagen
Arbeitszeitgrundnormen
Mit einem EuGH-Urteil im Mai 2019 ist das erste Mal das Thema Arbeitszeiterfassung und Arbeitnehmer*innen-Schutz aufgekommen.
Das EuGH-Urteil in einem Satz
Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten in einem verlässlichen, objektiven und zugänglichen System vollständig erfassen.
Dieser Satz hat auch für Unternehmen in Deutschland Sprengkraft – denn mit einer vollständigen Arbeitszeiterfassung können Beschäftigte einwandfrei nachvollziehen und belegen, wann sie mehr Arbeitszeit abgeleistet haben, als in ihrem Arbeitsvertrag geregelt wurde.
Außerdem werden Unternehmen verpflichtet, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit ihrer Beschäftigten komplett zu erfassen. Ohne Zeiterfassung sei nicht gewährleistet, dass Regelungen über festgelegte Arbeitszeiten wirklich eingehalten werden. Das EuGH-Urteil dient dem Schutz der Arbeitnehmer*innen – mit einem klaren Fokus auf deren physischer und psychischer Gesundheit. Mit den erfassten Daten können Arbeitnehmer*innen potenzielle Verstöße des Arbeitgebers gegen Regelungen zur Arbeitszeit den Behörden melden. Aber auch ein Arbeitgeber kann „schwarze Schafe" unter den Mitarbeiter*innen erkennen.
Müssen Arbeitszeiten nach deutschem Recht erfasst werden?
Knapp drei Jahre nach dem EuGH-Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im September 2022 bestätigt, dass alle Arbeitgeber verpflichtet sind, Arbeitszeiten zu erfassen. Im Dezember 2022 wurden zudem einige Eckpunkte zur Umsetzung der Arbeitszeiterfassung durch das BAG-Urteil konkretisiert:
Verpflichtung des Arbeitgebers, Beginn, Ende, Dauer der Arbeitszeiten, Pausenzeiten und Überstunden aufzuzeichnen
Möglichkeit, die Pflicht auf die Arbeitnehmer*innen zu übertragen, jedoch ist die tatsächliche und korrekte Arbeitszeiterfassung zu gewährleisten
Aufzeichnungsmöglichkeiten: digital oder analog, jedoch muss das System bestimmten Kriterien entsprechen
Warum die Zeiterfassung nicht aufgeschoben werden darf
Weder das BAG-Urteil vom September 2022 noch die nachgeschobenen Entscheidungsgründe sehen eine Übergangsfrist vor. Das bedeutet: Die Pflicht besteht ab sofort für alle Arbeitgeber, unabhängig von ihrer Größe.
Auch BMAS betont in einer Reaktion auf das BAG-Urteil von 2022: Arbeitgeber dürfen mit der Arbeitszeiterfassung nicht warten, bis das Arbeitszeitgesetz an die Rechtsprechung des BAG angepasst ist.
Wer muss keine Arbeitszeiten erfassen?
Grundsätzlich müssen alle Arbeitnehmenden die Arbeitszeit erfassen – auch leitende Führungskräfte. Führungspersonal hat allerdings keinen Anspruch auf Überstundenausgleich. Die Einkommensgrenze richtete sich 2022 nach der Beitragsbemessungsgrenze von 81.000 Euro in den neuen Bundesländern und 84.600 Euro in den restlichen Bundesländern.
Gängige Modelle, um Arbeitszeiten zu erfassen
Arbeitszeiten können auf verschiedenen Wegen erfasst werden. Welches System das passende ist, hängt von Faktoren wie Unternehmensgröße, Digitalisierungsgrad, Digitalisierungsstrategie, Branche und Arbeitszeitmodellen ab. Diese Optionen sind die gängigsten.
Stationäres System: Die Mitarbeiter*innen melden sich an Terminals in den Betriebsstätten mittels Karte, Chip oder auch Smartphone oder per Fingerabdruck an und ab.
Stempeluhr: Die klassische Stempeluhr ist noch denkbar, in Zeiten digitaler Datenverarbeitung aber nicht mehr wirklich zukunftsfähig.
Niederschrift: Per Hand werden von den Beschäftigten Arbeitsbeginn und -ende sowie die Pausenzeiten festgehalten. Diese manuelle Methode dient als Stundennachweis, der besonders in kleineren Unternehmen oder bei geringfügiger Beschäftigung Anwendung findet. Der altbekannte „Stundenzettel“ ist vor allem in der Baubranche aber auch bei Projektarbeit üblich.
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Arbeitszeiten mühelos erfassenExcel-Tabelle: Gerade für kleinere Unternehmen machen die Arbeitszeiterfassung via Excel-Tabelle. Nachteile dieser kleinen Lösung sind vor allem die Anfälligkeit durch menschliche Fehler bei der Dateneingabe, die mangelnden Kontrollmöglichkeiten sowie die potenziell sehr einfache Manipulierbarkeit für beide Seiten.
Desktop oder Smartphone: Der Beginn der Arbeitszeit wird per Mausklick am Computer oder per App über das Smartphone aufgezeichnet. Nach Arbeitsende und für die Pausen melden sich die Nutzer*innen wieder ab. Insbesondere im Homeoffice oder an Telearbeitsplätzen ist diese Art der digitalen Zeiterfassung geeignet.
Nicht vergessen: Sollte der Arbeitgeber bereits ein Zeiterfassungssystem betreiben und dieses im Zuge der gesetzlichen Anpassungen im Arbeitszeitgesetzt geändert werden müssen, benötigt er dafür die Zustimmung des Betriebsrates.
Bei allen genannten Methoden zur Erfassung der Arbeitszeit sollte eine Sache stets im Fokus stehen: Arbeitnehmer*innen sollten sich davon nicht kontrolliert oder gar gegängelt fühlen. Bei der Einführung muss größtmögliche Transparenz herrschen – was wird wann wozu aufgezeichnet und wie verwertet? So lassen sich die Beschäftigten mitnehmen.
Arbeitszeitrechner
Berechnung:
Ist Arbeitszeiterfassung in allen Branchen Pflicht?
In einigen Branchen herrschen besondere Regeln zur Arbeitszeiterfassung, die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz benannt werden. Für folgende Wirtschaftszweige ist die Arbeitszeiterfassung für den Arbeitgeber schon seit langem Pflicht:
Baugewerbe
Gaststätten und Herbergen
Personenbeförderungsgewerbe
Speditionen-, Transport- und Logistikunternehmen
Forstwirtschaft
Gebäudereinigung
Messebau
Fleischwirtschaft
Paket- und Zeitungszusteller*innen müssen gleichfalls ihre Arbeitszeiten dokumentieren. Für Minijobber gilt nach § 17 Mindestlohngesetz für den Arbeitgeber gleichfalls eine Dokumentationspflicht zu Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit. Die Zeiten müssen mindestens für zwei Jahre nach Beginn der Aufzeichnung aufbewahrt werden und spätestens nach dem 7. Tag der erbrachten Arbeitsleistung erfasst werden.
Mit dieser Vorlage können Minijobber ihre Zeiten erfassen.
Arbeitszeiterfassung und Datenschutz
Die dargestellten digitalen Möglichkeiten der Arbeitszeiterfassung rücken auch das Thema Datenschutz und dessen strikte Einhaltung in den Mittelpunkt. Zudem ist die Implementierung solcher Systeme ein wesentlicher Baustein einer effizienten Zeitwirtschaft, die es Unternehmen ermöglicht, Arbeitszeiten optimal zu planen und zu nutzen. Neben dem Arbeitszeitgesetz müssen Unternehmen eine weitere europäische Regelung im Blick haben – die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Zeiten, die Unternehmen in der Arbeitserfassung digital dokumentieren, zählen zu den personenbezogenen Daten, die besonders schützenswert sind. Missbrauch oder unerlaubte Weitergabe sollen durch folgende Kontrollprinzipien verhindert werden:
Systeme zur Zeiterfassung sollen nicht von Unbefugten genutzt werden können (Zugangskontrolle)
Lesen, Kopieren oder Entfernen von Daten bei der Übertragung müssen verhindert werden (Weitergabekontrolle)
Veränderung von Daten muss nachvollziehbar sein (Eingabekontrolle)
Daten müssen vor Verlust oder Zerstörung geschützt werden (Verfügbarkeitskontrolle)
Daten zur Arbeitszeiterfassung müssen getrennt von anderen Daten verarbeitet werden, sie dürfen nicht für andere Zwecke verwendet werden
Fazit: Die Pflicht zur Zeiterfassung darf in keinem Fall zur dauerhaften Überwachung des Arbeitszeitkontos der Mitarbeiter*innen führen – ganz gleich, welche Systeme zum Einsatz kommen. Eine HR Software, die Zeiterfassung mit im Portfolio hat, sorgt für absolute Sicherheit, wenn sie mit einem sauber definierten Rechtekonzept und individuell zu vergebenden Zugriffsrechten ausgestattet ist.
On-Demand Webinar Arbeitsrecht: Arbeitszeiterfassung - Wie geht es weiter?
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