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Betriebsbedingte Kündigung: Abfindung und Frist
Eine betriebsbedingte Kündigung trifft Arbeitnehmer unverschuldet. Der Arbeitgeber kann sie unter bestimmten Voraussetzungen aussprechen, z. B. wenn es für Mitarbeiter keine Arbeit mehr gibt. Worauf es ankommt, welche inhaltlichen und formellen Kriterien eine Firma berücksichtigen muss und wie die betriebsbedingte Kündigung in der Praxis aussieht, erfahren Sie in diesem Artikel.
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Inhalt
- 1Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
- 2Gesetzlicher Rahmen & Gründe für betriebsbedingte Kündigungen
- 3Was sind Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung?
- 4Was ist bei den Fristen zu beachten?
- 5Inhaltliche Voraussetzungen
- 6Formale Voraussetzungen
- 7Wen dürfen Sie nach Sozialauswahl betriebsbedingt kündigen?
- 8Für wen gilt ein besonderer Kündigungsschutz?
- 9Was passiert nach der betriebsbedingten Kündigung?
- 10Wer hat bei betriebsbedingter Kündigung Anspruch auf Abfindung?
- 11Woran können betriebsbedingte Kündigungen scheitern?
Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Wenn ein Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen nicht in der Lage ist, einen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, kann er diesen betriebsbedingt kündigen. Voraussetzung: Die Firma muss mindestens zehn Arbeitnehmer beschäftigen.
Eine betriebsbedingte Kündigung darf ein Unternehmen erst nach einem konkreten Beschluss aussprechen. Geht eine Organisation lediglich davon aus, dass künftig Abteilungen zusammengelegt werden müssen (was an sich ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung ist), ist die betriebsbedingte Kündigung nicht wirksam.
Lesen Sie dazu das Kapitel "Inhaltliche Voraussetzungen".
Gesetzlicher Rahmen & Gründe für betriebsbedingte Kündigungen
Eine betriebsbedingte Kündigung ist im Gegensatz zur außerordentlichen Kündigung eine ordentliche Kündigung.
Das Arbeitsverhältnis und damit der Arbeitnehmer sind geschützt durch das Kündigungsschutzgesetz, kurz KSchG. Demzufolge kann einem Arbeitnehmer aus drei Gründen gekündigt werden:
Aus personenbezogenen Gründen des Arbeitnehmers
Aus verhaltensbezogenen Gründen des Arbeitnehmers
Aus betriebsbedingten Gründen
Betriebsbedingte Kündigungen kommen laut Studie am häufigsten vor.
Das liegt zum einen daran, dass bei dieser Kündigungsart meist direkt mehrere Mitarbeiter entlassen werden. Zum anderen kommt es aber auch vor, dass Unternehmen eine betriebsbedingte Kündigung nur vorschieben, weil sie “bequemer” sind als beispielsweise personenbezogene Gründe.
Was sind Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung?
Wenn ein Arbeitgeber betriebsbedingte Kündigungen vornehmen will, braucht er inner- oder außerbetriebliche Gründe.
Innerbetriebliche Gründe:
Das Unternehmen, ein Teil davon oder eine Abteilung schließt.
Abteilungen werden zusammengelegt oder ausgelagert. Kurzum: Es gibt strukturelle Veränderungen, die den Personalbedarf verändern.
Der Betrieb wird eingeschränkt, Schichtdienste werden zum Beispiel reduziert.
Durch Technologie oder Innovationen sind Prozesse effizienter geworden, sodass weniger manuelle Arbeitskraft vonnöten ist.
Die Produktion wird heruntergefahren.
etc.
Außerbetriebliche Gründe:
Das Unternehmen hat Absatzschwierigkeiten.
Aufträge gehen zurück und damit auch der Umsatz und Gewinn.
Die Kosten sind zu hoch, was sich negativ auf die Rentabilität auswirkt.
Drittmittel oder Subventionen fallen weg, die vorher Arbeitsplätze gesichert haben.
etc.
Was ist bei den Fristen zu beachten?
Bei der betriebsbedingten Kündigung gilt die Kündigungsfrist der ordentlichen Kündigung. Bedeutet: Die Betriebszugehörigkeit ist entscheidend für die Frist.Innerhalb der ersten zwei Jahre besteht z. B. eine Kündigungsfristvon vier Wochen. Hier können Mitarbeiter also bis zum 15. eines Monats oder bis zum Monatsende gekündigt werden.
Ein Beispiel:
Inhaltliche Voraussetzungen
Damit eine betriebsbedingte Kündigung auch wirksam ist, müssen gewisse Kriterien gegeben sein:
Betriebliche Gründe müssen vorliegen und konkret sein
Bei der Begründung von betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber sehr genau sein. “Drohende Umsatzeinbußen” reicht als Begründung auf keinen Fall aus. Eine Firma muss darlegen, inwiefern eine bestimmte Entwicklung dazu führt, dass Arbeitsplätze wegfallen. Und sie muss konsequent danach handeln. Anders gesagt: Wird ein Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt und kurze Zeit später ein neuer Mitarbeiter auf den freien Posten gesetzt, dann ist die Kündigung nicht wirksam.
Ob die Entscheidung der betriebsbedingten Kündigung eine betriebswirtschaftlich sinnvolle ist, das prüft der Gesetzgeber nicht. Sie muss lediglich nachvollziehbar sein. Heißt, Unternehmen können auch in ökonomisch guten Zeiten zu solchen Maßnahmen greifen.
Der Arbeitgeber muss Beweise bringen
Vor Gericht muss der Arbeitgeber eine Entscheidung mit Fakten und – im Fall von z. B. Umsatzeinbußen – mit Zahlen belegen können. Sollen Teams oder Abteilungen verkleinert werden, muss er aufzeigen, dass tatsächlich weniger Arbeitsstunden anfallen werden und nicht, dass weniger Kollegen Mehrarbeit leisten werden.
Wie Aufgaben in Zukunft erledigt werden sollen – mit welchem Personalbedarf – muss ein Unternehmen detailliert aufzeigen. Sodass ein Außenstehender versteht, warum diese Einsparungen notwendig sind.
Es herrscht Dringlichkeit
Läuft es mal schlecht im Unternehmen, genügt das nicht, um eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen. Vielmehr muss eine Not- bzw. Schieflage dringend und nicht durch organisatorische, technologische oder anderweitige unternehmerische Maßnahmen zu stoppen sein.
Der Mitarbeitereinsatz stimmt nicht mehr
Bevor Mitarbeiter entlassen werden, muss der Arbeitgeber prüfen, ob der/die nicht anderweitig zu beschäftigen ist – in einer vergleichbaren Rolle, gegebenenfalls mithilfe von Umschulungen, Weiterbildungen, Trainings etc. Auch eine Änderungskündigung könnte eine Option sein, die es zu erwägen gilt. Sie sieht vor, dass ein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz behält, sich die Bedingungen für den Job allerdings ändern, was einen neuen Arbeitsvertrag erfordert.
Sozialausgleich ist korrekt
Oft wird nur ein Teil der Belegschaft entlassen, wenn zum Beispiel eine Abteilung verkleinert wird. Welche Arbeitnehmer schließlich gehen müssen, dazu gibt es Auflagen, die sogenannten Sozialkriterien, die der Arbeitgeber akribisch berücksichtigen muss (mehr dazu weiter unten).
Formale Voraussetzungen
Personen, die im Handelsregister vertretend für ein Unternehmen gelistet sind, können betriebsbedingte Kündigungen unterzeichnen. Mit Vollmacht kann auch ein Stellvertreter, zum Beispiel der Personalleitung, einspringen.
Ist ein Betriebsrat im Unternehmen, muss dieser vor der Kündigung angehört werden.
Wen dürfen Sie nach Sozialauswahl betriebsbedingt kündigen?
Sofern nicht alle Arbeitnehmer gekündigt werden, sondern der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter auswählt, müssen dabei Sozialkriterien berücksichtigt werden. Nach KSchG, § 1 Abs. 3 ist eine Kündigung trotz dringender betrieblicher Gründe sozialwidrig und somit unwirksam, wenn der Arbeitgeber bei der Wahl der zu entlassenden Arbeitnehmer soziale Kriterien nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt und bewertet hat. Ziel der Sozialauswahl ist es, dass am Ende jene Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, denen es am wenigsten schadet.
Die vier Sozialkriterien der Sozialauswahl
Betriebszugehörigkeit
Alter
Unterhaltspflichten und
Ein junger, lediger Mitarbeiter, der erst ein halbes Jahr im Unternehmen angestellt ist und zudem gute Chancen hat, schnell wieder einen Job auf dem Arbeitsmarkt zu finden, ist weniger schutzbedürftig als eine alleinerziehende Mutter über 50, die bereits 15 Jahre in der Firma arbeitet. Ersterer wird also eher bei einer Kündigung in Betracht gezogen.
Sollte der Arbeitnehmer verlangen, die Gründe für die Sozialauswahl offen zu legen, so hat der Arbeitgeber dem Folge zu leisten.
Ausnahmen
Sehr qualifizierte Mitarbeiter, deren Kompetenzen für das Unternehmen erfolgskritisch sind, kann ein Unternehmen von der Sozialauswahl ausschließen.
Auch unkündbare Mitarbeiter sind bei der Sozialauswahl außen vor.
Hierarchisch werden keine Unterschiede gemacht. Es kann also eine leitende Kraft genauso treffen wie einen noch jüngeren, unerfahrenen Kollegen.
Das Punktesystem – Beispiel
Nicht nur muss der Arbeitgeber alle Sozialkriterien berücksichtigen, sondern diese auch unterschiedlich stark gewichten. Dabei hat er gewissen Handlungsspielraum. Ein Punktesystem kann so aussehen:
Pro Betriebsjahr: 1 Punkt Pro Lebensjahr: 1 Punkt Pro Kind, Ehe- oder Lebenspartner: 6 Punkte Pro Schwerbehinderung: 10 Punkte
Daraus ergibt sich eine Gesamtpunktzahl pro Arbeitnehmer. In diesem Beispiel werden jene mit geringer Punktzahl eher als sozial schwach eingestuft und kommen eher für Kündigungen in Frage.
Auf den ersten Blick klingt das kontraproduktiv – sind doch die sozial Schwachen die, die besonderen Schutz bedürfen. Doch sozial schwach heißt in dem Fall: jung, ledig, kinderlos (und damit eher kündbar als jemand mit Kind, vielen Jahren im Betrieb etc.).
Sozialauswahl nach Tarifvertrag
Falls tarifvertraglich geregelt ist, wie soziale Aspekte zu bewerten sind, so überprüft der Gesetzgeber, ob diese fehlerfrei sind.
Für wen gilt ein besonderer Kündigungsschutz?
Einen besonderen Schutz genießen:
Schwangere
Mütter nach der Entbindung
Auszubildende
Schwerbehinderte
Betriebsratsmitglieder
Wehrdienstleistende
Bei Mitarbeitern, die in Elternzeit gehen, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass der/diejenige sowohl zum Zeitpunkt der Kündigung nicht weiterbeschäftigt werden kann als auch nach Ablauf der Elternzeit keine Beschäftigung möglich sein wird.
Was passiert nach der betriebsbedingten Kündigung?
Grundsätzlich müssen Sie sich als Arbeitgeber darauf einstellen, dass es zu Kündigungsklagen kommt. Diese muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen einreichen; andernfalls ist eine Klage unwirksam.
Wenn es zum Kündigungsschutzprozess kommt, muss der Arbeitgeber genau aufzeigen, 1. dass er eine Entscheidung getroffen hat und 2. dass die Entscheidung einen Wegfall von Arbeitsplätzen zur Folge hat. Dabei muss er erklären, inwiefern die gekündigten Arbeitnehmer davon betroffen sind (siehe inhaltliche Voraussetzungen).
Wer hat bei betriebsbedingter Kündigung Anspruch auf Abfindung?
Eine Firma muss keine Abfindung an Mitarbeiter zahlen. Oft tut sie es, insbesondere wenn beide Seiten einen Aufhebungsvertrag unterschreiben.
Wenn in einem Unternehmen ausscheidende Mitarbeiter grundsätzlich eine Abfindung bekommen (im Gewohnheitsrecht verankert), dann ist die Abfindung für den Arbeitgeber Pflicht. Ebenso im Fall einer entsprechenden Regelung im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Sieht der Sozialplan eine Abfindung vor, ist diese ebenfalls zu entrichten.
Wer eine Abfindung erzielen möchte, muss innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage einreichen. Nach Ablauf dieser Frist muss sich ein Arbeitgeber auf keine Verhandlungen dazu mehr einlassen. Er kann jedoch eine Kündigung mit einer Abfindung, deren Höhe er festlegt, verbinden, die Arbeitnehmern zusteht, auch wenn die Drei-Wochen-Frist verstrichen ist. Mit einem solchen Abfindungsangebot will der Arbeitgeber Mitarbeiter motivieren, die Kündigung zu akzeptieren und nicht dagegen zu klagen.
Sofern nicht vertraglich vereinbart, ist die Höhe der Abfindung Verhandlungssache.
Woran können betriebsbedingte Kündigungen scheitern?
Sollte der Arbeitgeber bei der Sozialauswahl Fehler machen, dann kann eine Kündigung scheitern – vorausgesetzt eine Kündigungsschutzklage wird innerhalb von drei Wochen eingereicht.
Falls in einem Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden ist und dieser vor einer betriebsbedingten Kündigung nicht informiert wurde, so ist diese unwirksam.
Auch eine Kündigung ausgewählter Mitarbeitergruppen (Schwerbehinderte, Schwangere – siehe oben), hat keine Wirkung. Das bedeutet nicht, dass diese Arbeitnehmer unter keinen Umständen gekündigt werden dürfen, jedoch muss eine Firma etwa im Fall eines schwerbehinderten Mitarbeiters die Zustimmung des Integrationsamtes haben.
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