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Betriebsvereinbarung: Regelungen für Arbeitnehmende & Arbeitgeber plus Muster
Ihr Betriebsrat möchte aktuell so zentrale Themen wie Kurzarbeit, mobiles Arbeiten oder auch den Nichtraucherschutz für den Betrieb verbindlich regeln? Dann ist eine Betriebsvereinbarung das Mittel der Wahl. Die Betriebsvereinbarung ist ein wichtiges und starkes Instrument in der betrieblichen Mitbestimmung. Was hineingehört, wie lange sie wirkt, was genau sie regelt und welche Grenzen sie hat, haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Key Facts
Eine Betriebsvereinbarung wird zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geschlossen.
Betriebsvereinbarungen regeln das Arbeitsverhältnis zwischen Beschäftigten und dem Arbeitgeber, wobei man erzwingbare und freiwillige Betriebsvereinbarungen unterscheidet.
Ein etwaiger Tarifvertrag ist Betriebsvereinbarungen übergeordnet – es sei denn, er verfügt über eine Öffnungsklausel.
Themen wie Kurzarbeit oder mobiles Arbeiten können über eine Betriebsvereinbarung geregelt werden.
Inhalt
- 1Was ist eine Betriebsvereinbarung?
- 2Welche Arten von Betriebsvereinbarungen gibt es und was regeln diese?
- 3Was wird nicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt?
- 4Fallbeispiele für Betriebsvereinbarungen
- 5Arbeitsvertrag, Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung: Welche Rangfolge gilt?
- 6Muster für Betriebsvereinbarung
- 7Ein betriebliches Multiwerkzeug
- 8FAQ
Was ist eine Betriebsvereinbarung?
Eine Betriebsvereinbarung (BV) ist ein schriftlich festgehaltener Vertrag zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber zum Nutzen von Belegschaft und Betrieb. Die Verhandlungspartner:innen vereinbaren darin Regeln und Bestimmungen für das gemeinsame Arbeitsverhältnis.
Da eine BV auf betrieblicher Ebene verhandelt und beschlossen wird, gilt sie ausschließlich für den jeweiligen Betrieb. Dennoch kann eine Betriebsvereinbarung mitunter bis hin zur obersten Konzernebene gültig sein – sofern sie von einem Konzernbetriebsrat (als Interessenvertretung der Beschäftigten auf Konzernebene) beschlossen wurde. Zudem muss der gesamte Betriebsrat dem Beschluss zustimmen.
Betriebsvereinbarungen sind die Gesetze des Betriebs. Werden derartige Abkommen ausgehandelt, müssen beide Seiten die schriftliche Version unterzeichnen. Für den Betriebsrat übernimmt dies die/der Betriebsratsvorsitzende. Anschließend muss der Arbeitgeber seine Mitarbeiter:innen im betroffenen Betrieb über den Inhalt informieren. Dies kann beispielsweise durch eine Rundmail oder über einen Aushang am Schwarzen Brett erfolgen.
Verantwortlich für die Einhaltung der in der BV festgelegten Regelungen ist ausschließlich der Arbeitgeber. Da die BV eine Normwirkung hat, stellt sie das wichtigste Regelungsinstrument der Betriebsparteien dar.
Betriebsvereinbarung auf einen Blick
Eine Betriebsvereinbarung wird zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geschlossen
Es gibt erzwingbare und freiwillige Betriebsvereinbarungen
Über der Betriebsvereinbarung steht der Tarifvertrag – es sei denn, er hat eine Öffnungsklausel
Eine Betriebsvereinbarung regelt das Arbeitsverhältnis zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber
Themen wie Kurzarbeit oder mobiles Arbeiten können über eine Betriebsvereinbarung geregelt werden
Welche Arten von Betriebsvereinbarungen gibt es und was regeln diese?
Die gesetzliche Grundlage von Übereinkünften zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat ist das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Unterschieden werden zwei Formen von Betriebsvereinbarungen.
1. Erzwingbare Betriebsvereinbarungen
Erzwingbare Betriebsvereinbarungen sind jene, die durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat gegen den Willen der jeweils zweiten Partei herbeigeführt werden können. Sie können ein weites Themenspektrum abdecken, wobei § 87 des BetrVG (Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats) als Orientierung dient. Dazu zählen unter anderem:
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (aber nicht die Dauer!)
vorübergehende Verlängerung oder Verkürzung von Arbeitszeiten
Pausenzeiten
allgemeine Urlaubsgrundsätze
Arbeitsschutz
Verhalten gegenüber Kund:innen
Ordnung des Betriebs
Weigert sich der Arbeitgeber, zu einem der in § 87 genannten Themen eine Betriebsvereinbarung zu schließen bzw. kommt aufgrund unterschiedlicher Positionen keine zustande, so kann der Betriebsrat durch die Einigungsstelle eine Entscheidung erzwingen lassen. Auf diese Weise stellt der Gesetzgeber sicher, dass eine Entscheidung ausgehandelt werden muss.
2. Freiwillige Betriebsvereinbarungen
Themen, die nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, können durch die sogenannten freiwilligen Betriebsvereinbarungen geregelt werden. Der Betriebsrat hat dann – anders als in § 87 BetrVG – kein Recht zur Mitbestimmung und keine Chance, ein Ergebnis erzwingen zu lassen.
Die Folge: keine Einigung – keine Vereinbarung. In § 88 BetrVG werden die möglichen freiwilligen Betriebsvereinbarungen thematisiert. Geregelt werden können etwa Maßnahmen
zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen,
des betrieblichen Umweltschutzes,
zur Integration ausländischer Arbeitnehmer:innen sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie
zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen.
Beispiel: Der Gesundheitsschutz im Betrieb soll durch eine (Nicht-)Raucherregelung gestärkt werden.
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Arbeitszeiten mühelos erfassenWas wird nicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt?
Grundsätzlich begrenzen die geltenden Gesetze und Verordnungen die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien. Gesetzeswidrige Betriebsvereinbarungen sind somit automatisch unwirksam.
Zudem gilt: Ist ein mitbestimmungspflichtiges Thema aus § 87 BetrVG bereits über einen anwendbaren Tarifvertrag geregelt, darf keine zusätzliche BV dazu vereinbart werden. Demzufolge hat der Betriebsrat in diesem Fall kein Mitbestimmungsrecht. Es gilt eine Regelungssperre – es sei denn, der Tarifvertrag weist eine ausdrückliche Öffnungsklausel auf.
Fallbeispiele für Betriebsvereinbarungen
Geht es um die Regelung des grundsätzlichen Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten, so kann dies zahlreiche Themen der betrieblichen Mitbestimmung betreffen. Insbesondere Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle – darunter Regelungen zur Arbeit im Homeoffice oder auch Kurzarbeit – werden häufig in Betriebsvereinbarungen adressiert.
1. Fallbeispiel: Betriebsvereinbarung bei Homeoffice
Will man als Arbeitgeber die Möglichkeit zum Arbeiten im Homeoffice einführen, sind die weitgehenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten. Berührt werden dabei etwa die Aspekte „Verhalten und Ordnung“, „Beginn und Ende der Arbeitszeit“, „technische Überwachung“ und „Arbeitsschutz“. Eine Betriebsvereinbarung, in der alle Details verbindlich festgehalten werden, ist daher auszuhandeln. Dazu gehören Informationen wie etwa:
Welche Arbeitnehmer:innen sind betroffen?
Wie viele Arbeitstage sollen/dürfen im Homeoffice durchgeführt werden?
Welche betrieblichen IT-Systeme werden eingesetzt?
Wie werden die Arbeitszeiten geregelt?
Welche besonderen Regeln gelten bzgl. des Datenschutzes?
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2. Fallbeispiel: Betriebsvereinbarung bei Kurzarbeit
Auch beim Thema Kurzarbeit muss der Betriebsrat mit ins Boot geholt werden – denn sowohl bei der Einführung als auch bei der Ausgestaltung hat die Arbeitnehmer:innenvertretung mitzubestimmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 3, Verkürzung der betrieblichen Arbeitszeit). Diese Punkte müssen geregelt werden:
Zeitraum der Kurzarbeit
Bestimmung und Benennung der betroffenen Abteilungen oder Bereiche
Nennung der betroffenen Beschäftigten
zeitlicher Umfang der Verkürzung
Gut zu wissen: Der Betriebsrat hat hier sogar ein Initiativrecht – er kann von sich aus die Einführung von Kurzarbeit verlangen.
Arbeitsvertrag, Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung: Welche Rangfolge gilt?
Die verschiedenen Rechtswerke können allesamt arbeitsrechtlich bindende Vereinbarungen enthalten. Diese gilt es jedoch, ins richtige Verhältnis zu setzen:
Arbeitsvertrag: Der Arbeitsvertrag berührt das Individualrecht und wird somit zwischen dem Arbeitgeber und einzelnen Arbeitnehmer:innen geschlossen. Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge betreffen hingegen das Kollektivrecht.
Betriebsvereinbarung: Diese steht rechtlich über dem individuellen Arbeitsvertrag. Grundsätzlich ist allerdings das sogenannte Günstigkeitsprinzip zu beachten: Stehen mehrere Regelungen miteinander in Konflikt, ist die für die Arbeitnehmer:innen günstigere (bessere) Variante anzuwenden.
Tarifvertrag: Gibt es einen für die Branche oder den Betrieb geltenden Tarifvertrag, so ist dieser der BV rechtlich übergeordnet. Selbst dann, wenn der Tarifvertrag für die Beschäftigten schlechter ausfällt.
Achtung: Leitende Angestellte sind von diesen Regelungen ausgenommen.
Beispiel 1: Sind im Tarifvertrag 27 Urlaubstage und in der Betriebsvereinbarung hingegen 30 Tage vereinbart, gilt der Tarifvertrag – allerdings nur für Gewerkschaftsmitglieder. Lediglich eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag ermöglicht Änderungen auf betrieblicher Ebene.
Beispiel 2: Gewährt ein Arbeitsvertrag nur 25 Urlaubstage und die BV hingegen 30 Urlaubstage pro Jahr, gilt die BV (Günstigkeitsprinzip).
Muster für Betriebsvereinbarung
Vorgefertigte Muster für Betriebsvereinbarungen können nicht als Blaupause für alle Regelungen dienen. Sie sollten von den Betriebsparteien lediglich als grobe Orientierungshilfe angesehen werden, auf deren Basis eine individuelle Regelung für den betroffenen Betrieb erstellt wird. Die fachliche Unterstützung durch eine Kanzlei für Arbeitsrecht ist dabei empfehlenswert.
Mit Blick auf das Thema Kurzarbeit sollte eine beispielhafte Betriebsvereinbarung die folgenden Punkte abdecken:
Geltungsbereich | „Die BV gilt für alle Mitarbeiter:innen von Betrieb X / Abteilung Y mit Ausnahme der leitenden Angestellten …“ |
Zielsetzung | „Mit dieser Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit sollen drohende Entlassungen von Mitarbeiter:innen durch Arbeitszeitreduzierung möglichst verhindert werden.“ |
Beschäftigte | Namensliste der betroffenen Personen |
Umfang und Laufzeit | Wie stark und wie lange wird die Arbeitszeit reduziert? Ist eine Verlängerung oder ein vorzeitiges Ende – abhängig von der aktuellen Lage – möglich? |
Urlaubsanspruch
| Wie wird ein Urlaub während der Kurzarbeitsphase erteilt? |
Arbeitszeitguthaben | ggf. Auflösung von angespartem Arbeitszeitguthaben |
Frist | Wie lange im Voraus müssen die Maßnahmen der BV angekündigt werden? |
Betriebsbedingte Kündigungen
| Unter welchen Bedingungen findet ein Ausschluss bestimmter Fristen Anwendung? |
Entlohnung | Kurzarbeitergeld wird vom Arbeitgeber beantragt. / Das ursprüngliche Arbeitsentgelt wird weitergezahlt, falls die Arbeitsagentur kein Kurzarbeitergeld entrichtet. / Welche Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld werden gewährt? |
Einigung bei Meinungsverschiedenheiten | „Meinungsverschiedenheiten werden von einer paritätisch besetzten Kommission geklärt; alternativ entscheidet eine Einigungsstelle.“ |
Anhand der beschriebenen Punkte können Arbeitgeber und Betriebsrat ein Muster für eine Betriebsvereinbarung erstellen, das für den spezifischen Fall mit juristischer Unterstützung erweitert werden kann.
Ein betriebliches Multiwerkzeug
Betriebsvereinbarungen sind ein wichtiges Instrument zur Regelung betrieblicher Angelegenheiten und tragen maßgeblich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Betriebsklimas bei. Arbeitszeiten, Arbeitszeitmodelle, Arbeitszeiterfassung sowie Maßnahmen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes gehören zu dem breiten Themenspektrum, für das Arbeitgeber und Betriebsrat entsprechende Übereinkommen beschließen und gegebenenfalls wieder aufkündigen können. Ein weiteres Multitool für den Betriebsalltag ist die Personalsoftware von Personio: Von A wie Automatisierung von Personalprozessen bis Z wie Zeiterfassung der Mitarbeitenden unterstützt sie HR in zahlreichen Belangen. Erfahren Sie durch eine unverbindliche Kontaktaufnahme mehr über die Vorzüge für Ihr Unternehmen!
FAQ
Was ist der Unterschied zwischen erzwingbaren und freiwilligen Betriebsvereinbarungen?
Erzwingbare Betriebsvereinbarungen können durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat forciert werden – auch gegen den Willen der jeweils anderen Partei. Bei bestimmten Themen hat der Betriebsrat zwar kein gesetzliches Mitbestimmungsrecht, kann jedoch trotzdem Vereinbarungen mit der Geschäftsführung aushandeln (freiwillige Betriebsvereinbarungen).
Wie lange dauert es, eine Betriebsvereinbarung auszuhandeln?
Die Verhandlungsdauer hängt von der Komplexität der Thematik und der Kompromissbereitschaft der beiden Verhandlungspartner ab. Mitunter müssen beide Parteien Rechtsberatungen oder Schulungen in Anspruch nehmen, um die notwendigen Kompetenzen für ein Verhandlungsthema zu erweitern. Auch organisatorische Aspekte wie etwa die Terminfindung und die Kommunikation zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat spielen eine Rolle.
Können Betriebsvereinbarungen gekündigt werden?
Sofern nicht anders vereinbart, können Arbeitgeber oder Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Abweichende Fristen können in der BV selbst formuliert werden. Auch eine Teilkündigung ist in manchen Fällen möglich.
Gelten Betriebsvereinbarungen für alle Arbeitnehmenden in einem Unternehmen?
Grundsätzlich gelten Betriebsvereinbarungen (BV) für alle Arbeitnehmenden des Betriebs mit Ausnahme von leitenden Angestellten im Sinne des § 5 BetrVG. Zulässig ist es jedoch auch, eine BV für einzelne Arbeitnehmergruppen und Unternehmensbereiche zu verfassen.
Was passiert, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat sich nicht einigen können?
Freiwillige Betriebsvereinbarungen kommen schlichtweg nicht zustande, wenn die beiden Parteien keine Übereinkunft erzielen können. In anderen Fällen jedoch kann es zu einem erzwingbaren Einigungsstellenverfahren kommen. Auf Antrag einer der beiden Parteien wird eine Einigungsstelle einberufen, die eine verbindliche Entscheidung herbeiführen kann.
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