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Direktionsrecht des Arbeitgebers: Rechte, Umfang und Grenzen
Das Direktionsrecht ermöglicht Arbeitgebern, die Leistungspflicht von Arbeitnehmer:innen genauer zu bestimmen. Ein Freibrief ist es dabei nicht! Wo das Direktionsrecht angewandt werden kann und wo die Grenzen liegen, erfahren Sie hier.
Was ist das Direktionsrecht?
Das Direktionsrecht oder Weisungsrecht beschreibt das Recht des Arbeitgebers, Arbeitnehmer:innen Anweisungen zu erteilen, wie diese ihre arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen haben.
Bestimmte Kategorien der Leistungspflicht können über das Direktionsrecht genauer bestimmt werden – und zwar nach Ort, Zeit und Art. Die Weisungen erfolgen dabei nach „billigem Ermessen" (§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Mit anderen Worten: Arbeitgeber dürfen bei der Ausübung des Direktionsrechts nicht willkürlich vorgehen, sondern haben auch das Interesse der Arbeitnehmerseite zu berücksichtigen.
Auch Vorgaben, die die betriebliche Ordnung – also das Verhältnis der Beschäftigten untereinander – regeln, sind per Direktionsrecht möglich. All diesen Anweisungen haben die Beschäftigten nachzukommen, soweit die Einzelheiten der Arbeitsleistung oder die Ordnung im Betrieb nicht bereits durch einen Tarifvertrag, einen Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine gesetzliche Regelung anderweitig festgelegt sind.
Mit dem Direktionsrecht hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Einsatz seiner Beschäftigten so zu regeln, wie es die betrieblichen Umstände erfordern. Das stellt den reibungslosen Ablauf im Betrieb sicher.
In welchen Bereichen kann der Arbeitgeber Weisungen geben?
Wie detailliert die Anweisungen über das Direktionsrecht sind, hängt davon ab, wie genau die Tätigkeitsbereiche des Beschäftigten im Arbeitsvertrag geregelt sind. Es gilt: Je genauer der Arbeitsvertrag die zu erbringende Arbeitsleistung bereits beschreibt, desto enger wird der Spielraum im Weisungsrecht. Die Weisung kann auf verschiedenen Wegen übermittelt werden – per Mail, telefonisch, mündlich oder schriftlich, bindend ist die Anweisung in jedem Fall.
Davon betroffen sind folgende vier Kernbereiche:
1. Die Arbeitszeit
Normalerweise ist der Umfang der Arbeitszeit entweder im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Beispiel: „Die wöchentliche Arbeitszeit im Betrieb beträgt 40 Stunden.“ Über das Direktionsrecht kann der Arbeitgeber z. B. folgende Ergänzungen anbringen:
„Täglicher Arbeitszeitbeginn ist von Montag bis Freitag um 7:00 Uhr.“ oder „Die Pausenzeit bei einem 8-Stunden-Tag beträgt 45 Minuten.“
Auch der Beginn oder das Ende einer Arbeitsschicht bzw. die Anzahl der in Folge zu leistenden Nachtschichten kann über das Weisungsrecht geregelt werden. Voraussetzung: Es gibt keine anderweitige Regelung über den Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag.
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Sonderfall Direktionsrecht und Überstunden
Der Arbeitgeber kann nur dann Überstunden anordnen, wenn hierzu eine Klausel im Arbeitsvertrag steht. Gibt es diese Klausel nicht, müssen Arbeitnehmer:innen nur in Notfällen – etwa bei einem krankheitsbedingten Ausfall eines Großteils der Belegschaft – Mehrarbeit leisten. Dies geschieht dann im Rahmen der arbeitsrechtlichen Treuepflicht.
2. Der Arbeitsort
Über das Direktionsrecht kann der Arbeitgeber auch den Arbeitsort mitbestimmen, also den Arbeitsort Ort, an dem eine Beschäftigte ihrer vertraglich vereinbarten Tätigkeit überwiegend nachgeht.
Es können auch wechselnde Arbeitsorte festgelegt werden (z. B. üblich im Kundendienst oder auch in der Baubranche). Wenn in einem Arbeitsvertrag kein Arbeits- oder Einsatzort festgehalten ist, kann der Arbeitgeber den Arbeitsort nach billigem Ermessen seinerseits über das Direktionsrecht festsetzen. Auch hier gilt wieder: Es dürfen weder gesetzliche noch vertragliche Bestimmungen entgegenstehen.
Kann der Arbeitgeber mit einfach so versetzen?
Nein, der Arbeitgeber kann eine Beschäftigte nicht willkürlich an einen anderen Arbeitsort versetzen. Viele Arbeitsverträge enthalten etwa das Direktionsrecht erweiternde Versetzungsklauseln. Diese ermöglichen es den Unternehmen, ihre Beschäftigten an einem anderen Arbeitsort einzusetzen. Hierbei muss aber immer das Interesse der Beschäftigten gewahrt sein. Entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls.
Beispiel: Der Arbeitgeber möchte einen Mitarbeiter an eine andere Betriebsstätte versetzen, die für den Beschäftigten eine Stunde Fahrzeit täglich bedeutet. Dies wäre grundsätzlich zumutbar – allerdings nicht, wenn der Beschäftigte täglich nur vier Stunden arbeitet. Bei einschneidenden Veränderungen zum Arbeitsort muss der Arbeitgeber stets Faktoren wie Alter, soziales Umfeld und auch die familiäre Lage des Betroffenen berücksichtigen.
Greift das Direktionsrecht für den Arbeitsort nicht, können Arbeitgeber, die Mitarbeitende an einen anderen Arbeitsort versetzen möchten, alternativ den Weg über eine Änderungskündigung gehen.
3. Der Arbeitsinhalt
Auch in diesem Bereich gilt: Je detaillierter und vor allem konkreter die Tätigkeit bereits im Arbeitsvertrag beschrieben und festgehalten wird, desto komplizierter wird es für den Arbeitgeber, Beschäftigte nach eigenem Gusto einen anderen Aufgabenbereich zuzuweisen. Natürlich gilt dies auch vice versa.
Beispiel: Eine Mitarbeiterin wird von einem Busunternehmen laut Arbeitsvertrag als „Fahrerin“ eingestellt. Das Unternehmen hat dann im Rahmen des Weisungsrechts die Möglichkeit, die Beschäftigte innerhalb dieses Berufsbildes „Fahrerin“ einzusetzen. Damit wäre es ihm möglich, die Fahrerin nicht mehr wie bisher auf innerstädtischen Touren, sondern auf Ferntouren einzusetzen. Dies wäre nicht der Fall, wenn im Arbeitsvertrag „Fahrerin für innerstädtische Touren“ gestanden hätte.
Änderung des Arbeitsinhalts während Corona
Wenn Mitarbeiter vermehrt im Home-Office arbeiten oder sich in häuslicher Quarantäne befinden, kann eine Änderung des Arbeitsinhalts notwendig werden. So können beispielsweise Arbeitnehmer:innen, die normalerweise mit großen Maschinen arbeiten, während der Quarantäne per Direktionsrecht andere Aufgaben erhalten, die sie von daheim aus erledigen können.
Eine arbeitsvertragliche Klausel, mittels derer der Arbeitgeber eine andere als die vertraglich festgelegte Aufgabe zuordnen kann, ist möglich. Die Klausel wird jedoch wirkungslos, wenn die neue Tätigkeit der vertraglich festgelegten nicht gleichwertig ist.
Es ist über das Weisungsrecht nicht möglich, die betroffene Mitarbeiter:in einfach in eine tiefere Lohngruppe zu degradieren oder flexible Bestandteile wie Provisionen, Prämien oder Zulagen zu streichen.
4. Das Verhalten
Das Direktionsrecht erstreckt sich gleichfalls auf Fragen der betrieblichen Ordnung. So kann ein Arbeitgeber etwa eine bestimmte Arbeitskleidung anordnen – diese darf aber weder Religionsfreiheit noch Persönlichkeitsrechte beschneiden.
Im Rahmen einer Betriebsordnung kann der Arbeitgeber Weisungen zum Verhalten im Betrieb und zwischen den Mitarbeiter:innen erteilen. Dazu zählt etwa das private Surfen im Internet während der Arbeitszeit, der Verbot von Alkohol am Arbeitsplatz oder der ordnungsgemäße und sorgsame Umgang mit den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsmitteln.
Rechtliche Grundlagen des Direktionsrechts für den Arbeitgeber
Grundsätzlich für alle Arbeitnehmer:innen einheitlich geregelt ist das Direktionsrecht in der Gewerbeordnung (GewO) und dort in § 106.
§ 106 bezieht sich ausschließlich auf die Themenbereiche „Arbeitsleistung“, „Verhalten“ und „Ordnung“:
„Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer:innen im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen der Arbeitnehmer:innen Rücksicht zu nehmen.“
Zum „billigen Ermessen“ greift wie bereits erwähnt der § 315 BGB.
Betriebsrat und Direktionsrecht
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, ist dieser beim Direktionsrecht grundsätzlich außen vor. Nach § 87 Abs.1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrvG) hat dieser allerdings ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um das Ordnungsverhalten alle Mitarbeitenden geht. Dies gilt auch, wenn es um die Arbeitszeit geht (§ 87 Abs.1 Nr. 2 BetrvG). Der Arbeitgeber muss also den Betriebsrat über bevorstehende Anpassungen informieren – und dabei seine konkreten Pläne sowie seine Interessenabwägung vorstellen. Bei Versetzungen in Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmer:innen muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen (§ 99 Abs. 1 Satz 1 BetrvG).
Welche Grenzen hat das Direktionsrecht?
Viele Beschäftigte stellen sich die Frage: Wie weit geht das Weisungsrecht meines Arbeitgebers?
Wie bereits erläutert, erteilt das Direktionsrecht dem Arbeitgeber in keinerlei Hinsicht keinen Freibrief. Eingeschränkt werden die Optionen des Weisungsrechts neben der stets vorzunehmenden Interessenabwägung vor allem durch festgelegte Regelungen in bzw. durch
Tarifverträge
Betriebsvereinbarungen
Arbeitsschutzgesetz
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Gleichbehandlungsgrundsatz
Auch in die Privatsphäre seiner Beschäftigten darf das Unternehmen nicht eingreifen. So darf der Arbeitgeber beispielsweise das Küssen am Arbeitsplatz durchaus verbieten, nicht aber die private Beziehung von Mitarbeitenden untereinander.
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