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Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) 2024
Zettelwirtschaft adé: Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) soll den gewaltigen Bürokratieaufwand im Gesundheitswesen und für Unternehmen reduzieren. Seit dem 1. Januar 2023 ist die eAU für Arbeitgeber verpflichtend. Hier erfahren Sie, wie das Verfahren für Krankenkassen und Arbeitgeber abläuft und welche Aufgaben damit für HR und die Unternehmen verbunden sind.
Erfahren Sie hier von unserem eAU-Experten, was sich für Arbeitgeber ändert.Inhalt
Was ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (abgekürzt: eAU), auch elektronische Krankschreibung genannt, ist die digitale Fassung der Krankschreibung auf Papier, des allbekannten „gelben Scheins“.
Mit der Einführung eines Verfahrens zur elektronischen Krankschreibung im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes III aus dem Jahr 2019 hatte der Gesetzgeber zwei Ziele vor Augen: Abbau der Verwaltungsbürokratie und nachhaltiges Handeln. Eine sinnvolle Idee: Denn bei rund 77 Millionen Krankschreibungen im Jahr lassen sich mit der eAU 308 Millionen Formulare auf Papier einsparen. Außerdem verhindert die elektronische AU, dass es zu möglichen Konflikten über eine termingerechte Krankmeldung kommt.
AU-Bescheinigung bisher | eAU |
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Papierformular mit - Original für die Krankenkasse - Durchschlag 1 für den Arzt - Durchschlag 2 für den Patienten - Durchschlag 3 für den Arbeitgeber | Elektronisches Formular mit qualifizierter elektronischer Signatur des Arztes und anfänglich noch Ausdruck für den Patienten (vorerst als gesetzlich vorgesehenes Beweismittel) |
Übermittlungsweg der Krankschreibung: Beschäftigte Krankenkasse Beschäftigte Arbeitgeber | Übermittlungsweg der Krankschreibung: Arztpraxen Krankenkasse Krankenkassen stellen Daten bereit Arbeitgeber ruft Daten ab |
Eine Digitalisierung der AU ist ein sogenanntes Massenverfahren. Das in einem Pilotprojekt der Techniker Krankenkasse (TK) 2017 bereits seine Tauglichkeit im Alltag bewiesen hat. Die mehr als 600 daran beteiligten Arztpraxen hatten die erforderlichen Daten für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in ihre vorhandene Praxissoftware eingepflegt und der TK übermittelt. Auch die Übermittlung an zwei Musterarbeitgeber funktionierte einwandfrei.
Fun Fact: Im alten AU-Verfahren wurden die Daten in der Arztpraxis in den Computer eingegeben (also digitalisiert). Die Ausdrucke dieser Krankschreibungen wurden dann bei Krankenkassen und Unternehmen erneut digitalisiert – und die ursprüngliche Papiermeldung vernichtet.
So funktioniert die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die zentralen Beteiligten rund um den Themenkomplex elektronische Krankschreibung sind wie schon bei der Krankschreibung auf Papier
die Arztpraxen
die Krankenkassen
die Arbeitgeber
Das ist der grundsätzliche Ablauf der digitalen Krankmeldung in vier Schritten, die sukzessive aufeinander aufbauen.
Schritt 1 Ein erkrankter Beschäftigter wird in der Arztpraxis untersucht. Eine Arbeitsunfähigkeit wird festgestellt.
Schritt 2 Die Arztpraxis meldet die Arbeitsunfähigkeit auf elektronischem Weg direkt an die Krankenkasse der erkrankten Arbeitnehmer:in.
Schritt 3 Die erkrankte Arbeitnehmer:in informiert ihren Arbeitgeber nach dem Arzttermin telefonisch, per Mail oder auf einem anderen Weg über die bei ihm festgestellte Arbeitsunfähigkeit. Diese Meldepflicht bleibt also bei der Arbeitnehmer:in.
Schritt 4 Der Arbeitgeber ruft nun folgende fünf Datensätze der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aktiv und direkt auf digitalem Weg bei der zuständigen Krankenkasse ab:
1. den Namen des Beschäftigten 2. den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit 3. das Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit 4. die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung 5. die Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigem Unfall oder auf den Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht
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Wann kommt die elektronische AU?
Die eAU sollte ursprünglich bereits zum 1. Januar 2022 starten. Doch das ist Makulatur. Die Einführung ist in Phasen geplant. Die erste Phase umfasst die verpflichtende Übermittlung der eAU von den Arztpraxen an die Krankenkassen. Dies sollte bereits am 1. Oktober 2021 möglich sein, konnte aber aufgrund mangelnder flächendeckender Software in den Praxen bisher nicht umgesetzt werden. Und so müssen Arztpraxen jetzt bis zum 31. Dezember 2022 doppelt fahren – und neben der digitalen Übermittlung auch weiterhin eine Krankschreibung auf Papier in dreifacher Ausfertigung ausstellen, die dann wie bisher von den Arbeitnehmer:innen an den Arbeitgeber übermittelt werden müssen.
Wer ist nicht am eAU-Verfahren beteiligt?
Privatärzte
Ärzte im Ausland
Physiotherapeuten
Psychotherapeuten
Laut anfänglicher Terminplanung sollten dann in der Phase 2 zum 1. Juli 2022 in der Folge die Arbeitgeber mit ihrem digitalen Abrufverfahren in den Prozess der eAU integriert werden. Gestartet ist diese Phase aber erst am 1. Januar 2023.
Achtung, HR: Seit Anfang 2022 können alle Arbeitgeber, die bereits über eine entsprechende technische Ausstattung verfügen, im Rahmen eines Pilotverfahrens, die eAU-Infos schon digital abrufen.
Wie können Arbeitgeber die eAU abrufen?
Arbeitgeber können die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt bei der Krankenkasse über ein systemgeprüftes Entgeltabrechnungs-Programm abrufen. Arbeitgeber, die über keine Entgeltabrechnungs-Software verfügen, können für den Abruf die Anwendung sv.net nutzen.
eAU: Welche Daten erhält der Arbeitgeber?
Die Krankenkasse übermittelt dem Arbeitgeber folgende Daten:
Name des/der Mitarbeiter:in
Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit
Wann wurde die Arbeitsunfähigkeit festgestellt?
Informationen zu einem möglichen (Arbeits-)Unfall oder dessen Folgen
Handelt es sich um eine Erst- oder Folgemeldung?
Das bedeutet die elektronische Krankschreibung für HR
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung soll Unternehmen bei komplexen Verwaltungsakten entlasten. Doch bis der digitale Prozess einwandfrei läuft, stellt die Einführung der eAU HR und Arbeitgeber zunächst einmal vor neue Herausforderungen. Die vorhandenen HR-Prozesse müssen betrachtet und neu bewertet werden.
Dies bietet HR eine weitreichende Chance zur stärkeren Digitalisierung und Automatisierung der Personalprozesse, etwa durch die Einführung einer ganzheitlichen HR Software. Diese ermöglicht es Mitarbeitenden etwa, ärztliche Atteste selbst hochzuladen und unterstützt die Personalabteilung über automatisiert erstellte Reportings bei der Auswertung von Krankenständen.
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Seit dem 1. Januar 2023 müssen Arbeitgeber zwei Dinge tun:
die Krankmeldung der Beschäftigten entgegennehmen (wie bisher auch) und dann
die digitalen Daten zur Krankschreibung ihrer Arbeitnehmer:innen bei den Krankenkassen aktiv und verpflichtend abrufen
Arbeitnehmer:innen sind ab diesem Datum nicht mehr verpflichtet, dem Unternehmen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen – ihre Vorlagepflicht entfällt mit der vollständigen Umsetzung des eAU-Verfahrens. Aber Achtung: HR darf eine eAU nur nach entsprechender Information des Mitarbeitenden abrufen – eine pauschale Anfrage etwa zu allen Beschäftigten ist nicht zulässig.
Zusatzaufgaben für HR Ohne passende IT-Infrastruktur läuft bei der Einführung der eAU gar nichts. Zahlreiche Unternehmen müssen hier dringend nachbessern, insbesondere weil strenge Datenschutzbestimmungen beim Abruf der Daten einzuhalten sind. 76 Prozent der Unternehmen in Deutschland stehen laut einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Personalführung noch in den Startlöchern der Umsetzung – offensichtlich fehlen noch Infos zu Systemen und Schnittstellen.
HR muss weiterhin dafür sorgen, dass bei einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die entsprechenden Informationen über Fehlzeiten auch zeitnah und möglichst auf digitalem Weg an die Lohn- und Entgeltabrechnung gelangen. Nutzen Unternehmen eine Zeiterfassungssoftware, müssen Schnittstellen entweder entwickelt oder erweitert werden, um die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit digital erfassen und nutzen zu können.
Außerdem müssen die Personalabteilungen für ihre privatversicherten Beschäftigten weiterhin die AU auf Papier entgegennehmen und weiterverarbeiten (können) – da das Verfahren der eAU bislang nicht für Privatversicherte gilt.
Der Unterschied zwischen Krankmeldung und Krankschreibung? Erfahren Sie es hier.