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Fragetechniken: Überblick, Anwendung und häufige Fehler
Wo sehen Sie sich beruflich in fünf Jahren? Was brauchen Sie, um den andauernden Konflikt in Ihrem Team zu lösen? Wie ist es Ihnen im ersten halben Jahr bei uns ergangen? Ob beim Recruiting, anlässlich eines Konflikts oder im jährlichen Mitarbeitergespräch – Fragetechniken sind im HR-Bereich ein unverzichtbares Werkzeug. Im Folgenden erläutern wir, welcher Fragetechniken Sie sich unter welchen Umständen bedienen können und welche Fehler es zu vermeiden gilt.
Key Facts
Effektive Fragetechniken sollten mit aktivem Zuhören einhergehen, um ein maximales Verständnis sicherzustellen.
Geschlossene Fragen liefern oft direkte, konkrete Antworten; zu viele davon verlangsamen jedoch den Gesprächsfluss.
Mithilfe von kompetent eingesetzten Fragetechniken lässt sich sowohl das Gespräch lenken als auch die Vorstellungskraft anregen und zu Lösungsansätzen anstoßen.
Die Bedeutung von Fragetechniken in HR
Die unmittelbare Kommunikation mit Bewerber:innen und Mitarbeitenden gehört zu den alltäglichen Kernaufgaben von Personalmanager:innen und Recruiter:innen. Der gezielte Einsatz von Fragen hilft dabei, den Standpunkt, die Motivation und die Denkweise des Gegenübers zu verstehen. Mit einer gekonnten Fragetechnik gelingt es außerdem, den Gesprächsverlauf konstruktiv zu beeinflussen.
Wichtig: Untrennbar verbunden mit dem Fragenstellen ist die Fähigkeit, aktiv zuzuhören. Erst die Kombination aus Empathie, Aufmerksamkeit und der richtigen Fragetechnik sorgt für ein tiefes Verständnis des Gegenübers.
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Offene und geschlossene Fragen
Grundlegend unterscheidet man bei Fragetechniken zwischen offenen und geschlossenen Fragen. Doch wann ist welche Frageart vorzuziehen?
Offene Fragen: Raum für freie Antworten
Mit einer offenen Fragetechnik kann man eine Unterhaltung effektiv vorantreiben und dynamisch gestalten. Bei offenen Fragen handelt es sich typischerweise um „W-Fragen“, die mit einem Fragewort (wie?, wer?, warum?, wo? etc.) eingeleitet werden. Sie lassen dem Gegenüber die freie Wahl bezüglich Art und Umfang der Antwort. Ferner dienen offene Fragen dem Einstieg in ein Gespräch oder zur Gewinnung ausführlicher Informationen.
Geschlossene Fragen: direkte Antworten und Entscheidungen
Geschlossene Fragen fordern von Gesprächspartner:innen eine eindeutige Antwort – in der Regel „Ja“ oder „Nein“. Demzufolge fallen Antworten auf geschlossene Fragen tendenziell – und vor allem im Vergleich zur offenen Fragetechnik – knapp und direkt aus. Sie werden unter anderem eingesetzt, um eine Positionierung zu erreichen, den Redefluss des Gegenübers zu verlangsamen oder das Gespräch zu Ende zu bringen.
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Neben offenen und geschlossenen Fragen unterscheidet man noch weitere Fragetechniken:
Einstiegsfragen: Den Ton für das Gespräch setzen
Als Einstiegsfragen nutzt man oftmals Standardfragen, die in der Regel auch vergleichsweise einfach konstruiert sind. Mit dieser Fragetechnik wird das Gespräch auf sanfte Weise eingeleitet und eine erste Richtung vorgegeben.
Einstiegsfragen dienen darüber hinaus dazu, eine angenehme Atmosphäre herzustellen. Dazu kann man sich beispielsweise nach dem Befinden des Gegenübers erkundigen oder alternativ den nachfolgenden Gesprächsinhalt strukturieren, beispielsweise mit: „Welche Punkte sollten wir unbedingt klären?“
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Lösungsorientierte Fragen: Problemlösung im Fokus
Feedback- oder gar Kritikgespräche befassen sich häufig mit vergangenen Ereignissen oder Handlungen, die verbesserungsbedürftig sind. Der Einsatz von lösungsorientierten Fragetechniken rückt die gemeinsame Suche nach einer Lösung in den Fokus, statt unentwegt das Problem zu thematisieren. Zu diesem Zweck bietet sich beispielsweise folgende Frage an: „Was ziehen Sie als mögliche Lösung in Betracht?“
Hypothetische Fragen: Bewerber:innen auf ein Gedankenexperiment einstimmen
Eine hypothetische Frage hat in der Regel einen spekulativen Charakter und zielt darauf ab, das Vorstellungsvermögen des Gegenübers anzuregen. Indem man eine „Was-wäre-wenn-Situation“ vorgibt, ermuntert man den/die Gesprächspartner:in dazu, einen fiktiven Standpunkt einzunehmen. Diese Art der Fragetechnik ermöglicht es, alltägliche Denkmuster zu verlassen und Raum für innovative Gedanken zu schaffen.
Von Interesse ist dabei, ob oder wie gut sich das Gegenüber auf die hypothetische Frage einlässt. Dies wiederum erlaubt es, Rückschlüsse auf den Charakter und die kreative Kompetenz zu ziehen. Beispiel: „Wenn Sie bereits ein Jahr in unserem Unternehmen gearbeitet hätten, was wäre Ihnen in dieser Zeit wohl am schwersten gefallen?“
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Skalierungsfragen: Selbstbewertung der Bewerber:innen erbitten
Mit einer Skalierungsfrage regt man das Gegenüber dazu an, eine subjektive Wahrnehmung in Zahlen zu fassen. Meist erbittet man dabei eine quantitative Einschätzung auf einer Skala von 1 bis 10. Auf diese Weise wird ein Bezugssystem für Bewertungen geschaffen, das es Bewerber:innen erleichtert, diffuse und schwer greifbare Empfindungen verständlich zum Ausdruck zu bringen – wenn es z. B. um Motivatoren, Befürchtungen oder eine Selbstbewertung geht: „Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie sicher sind Sie, dass Ihr Profil zu unseren Stellenanforderungen passt?“
Unser Fragenkatalog fürs Bewerbungsgespräch: Hier finden Sie Inspiration.
Bewerbungsgespräche mit Struktur führen
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Jetzt Leitfaden herunterladenVergleichsfragen: Vergleich der verschiedenen Stellen der Bewerber:innen
Ähnlich wie Skalierungsfragen zielen auch Vergleichsfragen darauf ab, einen Bezug herzustellen. Denn häufig fällt es leichter, zwei Sachverhalte miteinander zu vergleichen, als eine absolute Bewertung abzugeben. Diese beliebte Fragetechnik wird beispielsweise dazu eingesetzt, von Bewerbenden eine subjektive Bewertung der jobspezifischen Anforderungen zu erhalten: „Welche neuen Herausforderungen erwarten Sie im Vergleich zu Ihrer letzten Stelle?“
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Konfrontationsfragen: direkte Ansprache von Beobachtungen oder Feedback
Eine besonders offensive Art der Fragetechnik stellen Konfrontationsfragen dar. Diese dienen dazu, (scheinbare) Widersprüche aufzuzeigen. Konfrontationsfragen werden durchaus provokativ gestellt und lösen beim Gegenüber mitunter Stress aus. Dabei ist es jedoch wichtig, die Grenzen der Höflichkeit zu wahren und implizite Kritik auf ein angemessenes Maß zu beschränken. Im Idealfall holt diese Fragetechnik Gesprächspartner:innen aus der Deckung und bringt sie dazu, sich mit den eigenen Haltungen und Handlungen auseinanderzusetzen.
Beispiel: Lässt das Gegenüber in einem Gespräch Begeisterung vermissen, sorgt folgende Konfrontationsfrage für Klarheit: „Ihre Haltung lässt für mich keine große Motivation erkennen – oder irre ich mich?“
Gefühlsfragen: einen persönlichen Bezug herstellen
Mithilfe von Gefühlsfragen gewährt man Gesprächspartner:innen die Möglichkeit, sich abseits von „harten“ Daten und Fakten zu äußern. Damit sich das Gegenüber ernst genommen fühlt, sollten Gefühlsfragen stets von aufrichtigem Interesse zeugen. Kombiniert man diese Fragetechnik mit einer hypothetischen Frage, könnte das Ergebnis wie folgt lauten: „Wie fühlen Sie sich bei dem Gedanken, schlechtes Feedback von einem/einer Vorgesetzten zu erhalten?“
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Zirkuläre Fragen: Perspektivenwechsel ermöglichen
Einen gewissen hypothetischen Charakter besitzen auch zirkuläre Fragen: Sie regen das Gegenüber dazu an, einen anderen – jedoch realitätsnahen – Standpunkt einzunehmen. Der Perspektivenwechsel erlaubt es, eine kritische Distanz zur aktuellen Sichtweise einzunehmen. Hat man es mit einer Person mit einer eingefahrenen Meinung zu tun, schafft diese Fragetechnik Abhilfe und zeigt alternative Wege bzw. Kompromisse auf: „Welche Bedenken könnte Ihre Führungskraft gegenüber Ihrer Idee haben?“
Paradoxe Fragen: kreative Lösungsansätze durch umgekehrte Fragestellung
„Was wäre der effektivste Weg, dieses Vorhaben in ein Fiasko zu verwandeln?“ Die Fragetechnik der paradoxen Fragen zielt darauf ab, kreative Ideen hervorzurufen und unerwünschten Eventualitäten vorzubeugen, indem man Sachverhalte völlig neu betrachtet.
Häufige Fehler und wie man sie vermeidet
Der richtige Einsatz von Fragetechniken erfordert Aufmerksamkeit sowie Einfühlungsvermögen und bedarf einiger Übung. Insbesondere folgende Fehler gilt es zu vermeiden:
Mangelnde Klarheit: Fragen sollten stets präzise und spezifisch formuliert sein. Auch von Mehrfachfragen ist abzusehen, da diese Gesprächspartner:innen unter Umständen überfordern.
Zu viele geschlossene Fragen: Eine gute Fragetechnik beinhaltet ausreichend offene Fragen, um dem Gegenüber Raum zur verbalen Entfaltung zu geben. Zu viele geschlossene Fragen hemmen den Unterhaltungsfluss und sind gerade zu Gesprächsbeginn fehl am Platz.
Fragen, ohne zuzuhören: Zu einer gekonnten Fragetechnik gehört es ebenfalls, den getätigten Antworten Gehör zu schenken. Aktives Zuhören geht mit ungeteilter Aufmerksamkeit, aktivem Nachfragen und gelegentlichem Zusammenfassen des Gesagten einher.
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FAQ
Warum sind offene Fragen im HR-Bereich so wertvoll?
Mit offenen Fragen treibt man ein Gespräch voran und stellt einen umfangreichen Austausch sicher. Zu viele geschlossene Fragen hingegen lassen dem Gegenüber nur eingeschränkte Antwortmöglichkeiten.
Wie kann ich sicherstellen, dass meine Fragen nicht voreingenommen sind?
Um voreingenommene Fragen zu verhindern, sollte man auf Suggestivfragen (wie etwa „Sie wollen doch auch ..., stimmts?“) verzichten, da diese die Antwort (teilweise) vorwegnehmen. Zudem ist es von Vorteil, auf einen neutralen, ungefärbten Sprachstil zu achten.
Welche Fragetechniken eignen sich am besten für Gruppendiskussionen?
Für lebhafte Diskussionen mit mehreren Gesprächspartner:innen eignen sich in erster Linie offene Fragen. Diese bringen Dynamik ins Spiel und stoßen einen Diskurs an. Je nach Zweck des Gesprächs erweisen sich darüber hinaus lösungsorientierte, paradoxe und zirkuläre Fragen als nützlich.
Wie kann ich meine Fragetechniken weiterentwickeln und verbessern?
Um die eigene Kompetenz in Sachen Fragetechnik auszubauen, hilft vor allem eins: Übung! Zudem sollte man Gespräche intensiv vorbereiten, indem man sich die wichtigsten Fragen und Gesprächsziele im Vorfeld überlegt. Anschließend wiederum gilt es, zu reflektieren, inwieweit man mit der angewandten Fragetechnik den gewünschten Effekt erzielt hat.
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