Kernarbeitszeit – Vorteile, Einführung, Verstöße

Kernarbeitszeit_HR-Lexikon
Mitarbeiter:Innen arbeiten während der Kernarbeitszeiten im Büro.

Immer mehr Unternehmen setzen auf flexible Gleitzeitregelungen für ihre Mitarbeitenden. Um dennoch sicherzustellen, dass sie in Zeiten, in denen z.B. viele Kunden anrufen, ausreichend besetzt sind, gibt es die Kernarbeitszeit. Wer die Kernarbeitszeit festlegt, welche Besonderheiten es bei Teilzeit und Home Office gibt und welche Konsequenzen drohen, wenn die Kernarbeitszeit nicht eingehalten wird, erfahren Sie in diesem Artikel.

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Definition: Was bedeutet Kernarbeitszeit?

Als Kernarbeitszeit bezeichnet man jenen Zeitraum, in dem ausnahmslos alle Mitarbeiter:innen ihren Arbeitspflichten am Arbeitsplatz nachkommen müssen. Die Kernarbeitszeiten werden erst in Verbindung mit flexiblen Arbeitszeitregelungen wie z.B. Gleitzeit relevant. Mit der Kernarbeitszeit erreicht das Unternehmen, dass alle Mitarbeiter:innen während der festgelegten Kernzeiten vor Ort zur Verfügung stehen. Im Grunde werden die gewährten flexiblen Arbeitszeiten wieder etwas eingeschränkt, oder, mit anderen Worten: Freiheiten und Pflichten werden in der Waage gehalten.

Beispiel Kernarbeitszeit und Gleitzeit: Das Unternehmen Zeitzeit hat für seine Belegschaft gemeinsam mit dem Betriebsrat eine Gleitzeitregelung mit Kernarbeitszeit entwickelt und vereinbart.

Danach ist Gleitzeit ist zwischen 7 und 18 Uhr möglich. Während dieser Zeitspanne können die Beschäftigten von Zeitzeit ihre Arbeitspflichten erledigen. Zwischen 7 und 9:30 Uhr können die Mitarbeiter eingleiten, zwischen 15 und 18 Uhr dann ausgleiten. Im Rahmen der Gleitzeit-Zeitspanne ist eine Kernarbeitszeit zwischen 9:30 und 15 Uhr festgelegt. Während dieser Zeitspanne müssen alle Beschäftigten vor Ort ihre Aufgaben erledigen.

Grafik zur Gleitzeit

Was auf den ersten Blick komplex erscheint, zeigt sich bei genauerem Hinsehen als einfach und vorteilhaft. Denn Mitarbeitende des Unternehmens Zeitzeit müssen zwingend nur zwischen 9:30 und 15 Uhr am Arbeitsplatz anwesend sein. Der Arbeitstag kann durch die Kombination von Gleitzeit mit Kernarbeitszeit beispielsweise von 7 bis 15 Uhr dauern oder von 9:30 bis 17:30 Uhr.

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Wozu dient die Kernarbeitszeit und wer legt sie fest?

Die Kernarbeitszeit in Kombination mit Gleitzeit bietet Unternehmen und Mitarbeiter:innen eine Balance aus garantierter Anwesenheit am Arbeitsplatz und größtmöglicher Freiheit bei der Gestaltung der täglichen Arbeitszeit.

Diese Flexibilität kann bei den Mitarbeitenden für ein hohes Maß an Zufriedenheit sorgen. Flexible Arbeitszeitregelungen gestatten es der Belegschaft, Job, Privatleben und Familie besser zu vereinbaren.

Eine hohe Zufriedenheit mündet in gesteigerte Motivation und führt im besten Fall zu einer ausgeprägten Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber, der sich durch das Angebot von Gleitzeit und Kernarbeitszeit als verlässlicher Partner seiner Beschäftigten darstellt.

Arbeitsspitzen abfangen und Teams stärken

Die Anwesenheitspflicht während der Kernarbeitszeit spielt Organisationen in die Karten, die während der festgelegten Kernzeiten eine erhöhte Arbeitsbelastung haben. Dies gilt insbesondere im Dienstleistungssektor und in Service Centern. Für die Kunden muss zu den zentralen Kontaktzeiten ein qualifiziertes und ausreichendes Personal anwesend sein.

Weil zu den Kernarbeitszeiten alle Team-Mitglieder anwesend sind, lassen sich nicht nur Meetings besser abhalten – auch der Team-Spirit und die Kommunikation in der Gruppe wird gestärkt.

Wo und wie wird Kernarbeitszeit geregelt?

Kernarbeitszeit basiert nicht auf einer gesetzlichen Regelung. Ob es in Unternehmen oder Betrieben Kernarbeitszeit gibt, entscheidet der Arbeitgeber. Hat die Organisation einen Betriebsrat, so sollte die Kernarbeitszeit von den Betriebsparteien über eine Betriebsvereinbarung geregelt werden, denn der Betriebsrat hat bei Regelungen zur Arbeitszeit weitreichende Mitbestimmungsrechte.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz benötigt der Arbeitgeber für die Einführung von Gleitzeit die Zustimmung des Betriebsrates. Mitbestimmen darf dieser u.a. über den Beginn und das Ende der Gleitphasen sowie über die eigentliche Kernarbeitszeit.

Gibt es in einem Unternehmen keinen Betriebsrat, kann der Arbeitgeber Gleitzeit und Kernarbeitszeit über eine Dienstanweisung einführen. Die Regelung über einzelne Arbeitsverträge ist eher die Ausnahme.

Vorteile und Nachteile von Kernarbeitszeit

Vorteile von Kernarbeitszeit für Arbeitgeber

Belegschaft ist zufriedener und motivierter

Starke Loyalität der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber

Kundenorientierte Flexibilität, denn Arbeitsspitzen werden problemlos abgefangen

Gesteigerte Arbeitgeberattraktivität

Gute Kommunikation ist gewährleistet

Schnellere Reaktionsfähigkeit bei unerwarteten Ereignissen

Nachteile von Kernarbeitszeit für Arbeitgeber

Nachteile von Kernarbeitszeit für Arbeitnehmer

Höherer Verwaltungsaufwand, auch durch Kontrolle der Kernzeiten

Anwesenheitspflicht zu bestimmten Zeiten im Gegensatz zur Vertrauensarbeitszeit, die volle Flexibilität ermöglicht

Kernarbeitszeit nicht eingehalten? Das passiert

Halten Mitarbeiter:innen die festgelegten Kernarbeitszeiten nicht ein, hat dies in der Regel arbeitsrechtliche Konsequenzen. Schließlich wurde die Anwesenheitspflicht verletzt. Normalerweise geht ein Arbeitgeber gegen diesen Pflichtverstoß in mehreren Schritten vor. Im worst case droht die Kündigung.

Einmaliger Verstoß

Ist ein Beschäftigter während der Kernzeiten nicht an seinem Arbeitsplatz, kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen. Auch ein Vorab-Warnschuss mit Hinweis auf die Verbindlichkeit der Regelung zur Kernarbeitszeit ist möglich, aber nicht verpflichtend.

Wiederholte Verstöße

Hier folgt eine erneute Abmahnung. Ändert der betroffene Mitarbeiter sein Verhalten dennoch nicht, kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Verletzungen der Kernarbeitszeit durch Fremdverschulden (z.B. Stau, Zugausfälle o.ä.) werden in der Regel nicht sanktioniert. Hier sollten Arbeitgeber mit Fingerspitzengefühl vorgehen.

Mögliche weitere Folgen

Sollte durch die Verletzung der Kernarbeitszeiten ein bedeutendes Projekt stillstehen oder auch die der Arbeitsablauf ganzer Abteilungen nachhaltig gestört werden, kann das betroffene Unternehmen bei groben Verstößen sogar einen Schadenersatzanspruch geltend machen.

WICHTIG: Mitarbeiter:innen, die verspätet zur Kernarbeitszeit am Arbeitsplatz eintreffen, können dieses Fehlverhalten nicht durch Überstunden ausgleichen. Es liegt eine klare Verletzung der Kernarbeitszeit und damit der Anwesenheitspflicht vor.

Besonderheiten zur Kernarbeitszeit im Home Office und bei Teilzeit

Home Office bzw. mobiles Arbeiten

Die Einführung von Home Office bzw. mobilem Arbeiten bedeutet nicht, dass Regeln, die im Betrieb gelten, damit einfach aufgelöst werden. Demnach gelten Kernarbeitszeiten auch für Beschäftigte, die ihren Arbeitspflichten aus dem Home Office bzw. an einem mobilen Arbeitsplatz nachkommen. Sie müssen zu den vereinbarten Kernarbeitszeiten für Kolleg:innen und Vorgesetzte erreichbar und ansprechbar sein – über Wege der Telekommunikation wie Telefon, Mail, Messenger-Programme o.ä.

Teilzeit

Knapp 30 Prozent aller in Deutschland abhängig Erwerbstätigen arbeiteten 2019 in Teilzeit. Für Teilzeitkräfte hat eine Kernarbeitszeit unterschiedliche Auswirkungen auf ihre Anwesenheitspflichten – abhängig von der Zeitverteilung an den Arbeitstagen.

Beispiel: Arbeitet ein Mitarbeiter in Teilzeit (16 Stunden pro Woche) zwei Tage mit jeweils acht Stunden, gilt für ihn die gleiche Kernarbeitszeit wie für Kolleg:innen in Vollzeit.

Verteilt sich die Arbeitszeit einer Teilzeitkraft aber z.B. auf vier Arbeitstage mit jeweils vier Stunden am Vormittag, ist es ratsam, dass der Arbeitgeber hier spezielle Regelungen zum Umgang mit der Kernarbeitszeit festlegt. Das können etwa eigene Regeln zur Anwesenheit sein oder die Möglichkeit, dass die Betroffenen nach Erledigung ihrer Stunden den Arbeitsplatz trotz noch laufender Kernarbeitszeit verlassen dürfen. Hierbei sollten Unternehmen Rücksicht auf die Belange der Teilzeitmitarbeiter:innen nehmen, die in der Regel mit Zeiten der Kindererziehung zusammenhängen.

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Kernarbeitszeit und Vertrauensarbeitszeit

Während die Kernarbeitszeit den verlässlichen Anker im Rahmen einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung darstellt, bietet die Vertrauensarbeitszeit den Beschäftigten eine totale Flexibilität: Die Mitarbeitenden gestalten Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit nach eigenem Gusto. Sie können de facto kommen und gehen, wann sie möchten. Der Arbeitgeber bringt seiner Belegschaft Vertrauen entgegen. Vertrauensarbeitszeit setzt voraus, dass keine Arbeitszeiten erfasst werden und sich die Beschäftigten selbst an die gesetzlichen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes halten.

Doch seit einem EuGH-Urteil vom Mai 2019 zur Arbeitszeiterfassung droht dieser maximalen Flexibilität das Ende. Demnach müssen Arbeitgeber nicht wie bisher nur die Mehrarbeit, sondern die tatsächliche Arbeitszeit ihrer Beschäftigten erfassen – in einem zugänglichen, verlässlichen und objektiven System.

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