Kleinunternehmerregelung: Alles, was Sie wissen sollten

Kolleginnen arbeiten zusammen in einem modernen Büro

Die Kleinunternehmerregelung ist für viele Gründer:innen ein zentrales Thema, wenn es um den Schritt in die Selbstständigkeit geht. Aber auch für bestehende Unternehmen oder Firmen, die eine Rechnung mit dem Hinweis auf die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG erhalten, ist die Kleinunternehmerregelung relevant. Was ist die Kleinunternehmerregelung, wer darf sie anwenden und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Key Facts

  • Die Kleinunternehmerregelung soll Unternehmen mit geringen Jahresumsätzen entlasten.

  • Die Voraussetzungen zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung sind umsatzspezifisch. Die beiden Umsatzgrenzen liegen bei 22.000 Euro und 50.000 Euro. Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung erfolgt freiwillig.

  • Für Kleinunternehmer:innen entfallen Pflichten wie die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen oder das Erheben von Umsatzsteuer. Allerdings kann in der Folge auch keine Vorsteuer geltend gemacht werden.

  • Ob sich die Kleinunternehmerregelung lohnt, ist vom Einzelfall abhängig.

Entfalten Sie das Potenzial Ihres Unternehmens mit diesem E-Mail-Kurs.

Was ist die Kleinunternehmerregelung?

Die sogenannte Kleinunternehmerregelung mindert die steuerlichen und bürokratischen Pflichten für Kleinunternehmer:innen. Die Besteuerung von Kleinunternehmer:innen und die notwendigen Voraussetzungen sind in § 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) geregelt. Unternehmer:innen sowie Freiberufler:innen, die die Kleinunternehmerregelung anwenden, müssen unter anderem keine Umsatzsteuer erheben.

Die Kleinunternehmerregelung wird vor allem von Einzelunternehmer:innen und Freiberufler:innen in Anspruch genommen. Grundsätzlich ist es aber beispielsweise auch für eine GmbH möglich, den Kleinunternehmerstatus zu beantragen. Im folgenden Artikel wird primär von einzelnen, natürlichen Personen mit Kleinunternehmerstatus ausgegangen.

Kleinunternehmerregelung: Umsatzsteuer, Gewinn und Grenze

Im Rahmen der Kleinunternehmerregelung sind einige Details zu beachten. Neben der Berechnung von Umsatzsteuer, Gewinn und Umsatz sowie den geltenden Umsatzgrenzen ist vor allem eine Frage wichtig: Wer darf die Kleinunternehmerregelung anwenden?

Umsatzsteuer

Auf Lieferungen und Leistungen fällt im Regelfall Umsatzsteuer an, die an das Finanzamt abzuführen ist. Es existieren nur wenige Ausnahmen, wie z. B. ärztliche Heilbehandlungen oder die Vermietung bzw. Verpachtung von Grundstücken, die in § 4 UStG geregelt sind. Ansonsten gilt laut § 12 UStG der Regelsteuersatz von 19 Prozent bzw. der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent. 

Kleinunternehmer:innen sind von der Umsatzsteuer zwar nicht befreit, sie wird aber nicht erhoben. Das bedeutet, dass die Umsatzsteuer im Rahmen der Kleinunternehmerregelung weder auszuweisen noch abzuführen ist. Dem steht allerdings der Nachteil gegenüber, dass keine Vorsteuer geltend gemacht werden kann.

Gewinn

Der Gewinn ist bei der Kleinunternehmerregelung nicht zu beachten. Es existieren lediglich Grenzen hinsichtlich des erzielten Umsatzes.

Grenze

Die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung unterscheiden sich für Gründer:innen und bereits tätige Unternehmer:innen. Gründer:innen müssen ihren voraussichtlichen Jahresumsatz schätzen. Liegt dieser unter der Grenze von 22.000 Euro, darf die Kleinunternehmerregelung beantragt und angewendet werden.

Hinweis: Zu beachten ist, dass bei einer unterjährigen Gründung der voraussichtliche Umsatz auf das volle Jahr hochgerechnet werden muss. Wird das Unternehmen beispielsweise zum 1. Juli gegründet, muss zur Ermittlung der Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung der voraussichtliche Umsatz verdoppelt werden.

Bestehende Unternehmen können die Kleinunternehmerregelung beantragen, wenn:

  1. der steuerpflichtige Jahresumsatz im letzten Jahr 22.000 Euro nicht überstiegen hat,

  2. im laufenden Jahr voraussichtlich nicht 50.000 Euro überstiegen werden 

  3. und die Bindungsfrist von fünf Jahren bei Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung verstrichen ist. 

HR als Treiber des Unternehmenserfolgs

E-Mail Kurs Unternehmenspotenzial

In diesem 5-teiligen E-Mail-Kurs erfahren Sie, wie Sie ein top Team aufbauen, die Motivation und Produktivität Ihrer Mitarbeiter:innen steigern und Ihre Maßnahmen wirksam messen.

Zum E-Mail-Kurs anmelden

Vor- und Nachteile der Kleinunternehmerregelung 

Bevor man sich für oder gegen die Kleinunternehmerregelung entscheidet, gilt es, sich die verschiedenen Vor- und Nachteile der Kleinunternehmerregelung vor Augen zu führen und gegeneinander abzuwägen.

Vorteile der Kleinunternehmerregelung

  • Umsatzsteuer sowie Ermittlung des Umsatzsteuersatzes entfallen: Da im Rahmen der Kleinunternehmerregelung Kleinunternehmer:innen keine Umsatzsteuer erheben müssen, ist der geltende Umsatzsteuersatz weder zu ermitteln noch auszuweisen noch abzuführen.

  • Umsatzsteuervoranmeldungen entfallen: Da keine Umsatzsteuer erhoben wird, muss auch keine Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben werden. Für Gründer:innen ist diese normalerweise verpflichtend monatlich abzugeben. Mit seinem Schreiben vom 16. Dezember 2020 hat das Bundesfinanzministerium die Verpflichtung zur monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung jedoch bis zum 31. Dezember 2026 ausgesetzt.

  • Nur die Bruttobeträge sind relevant: Da keine Umsatzsteuer ausgewiesen wird, entsprechen die Nettobeträge den Bruttobeträgen. Gleichzeitig kann keine Vorsteuer geltend gemacht werden, wodurch bei Eingangsrechnungen ebenfalls nur die Bruttobeträge relevant sind.

  • Erleichterte Buchhaltung: Die Kleinunternehmerregelung bringt für Gewerbetreibende im Regelfall den Vorteil mit sich, dass ihre Buchhaltung vereinfacht wird.

  • Preisvorteil bei Privatkund:innen und Kleinunternehmer:innen gegenüber umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen: Gegenüber Kund:innen muss keine Umsatzsteuer erhoben werden. Da konkurrierende umsatzsteuerpflichtige Unternehmen beim gleichen Preis noch Umsatzsteuer abführen müssen, kann dies von Kleinunternehmer:innen für einen Preis- und/oder Gewinnvorteil genutzt werden. Gegenüber umsatzsteuerpflichtigen Geschäftskunden entfällt dieser Vorteil, da diese die Umsatzsteuer als Vorsteuerabzug geltend machen können.

Nachteile der Kleinunternehmerregelung

  • Vorsteuerabzug nicht möglich: Da keine Umsatzsteuer erhoben wird, darf auch kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden.

  • Sonderregeln bei der Rechnungsstellung: Bei der Rechnungsstellung ist in der Rechnung auf die Kleinunternehmerregelung hinzuweisen. Weisen Kleinunternehmer:innen versehentlich Umsatzsteuer aus, kann das schnell teuer werden.

  • Kleinunternehmer:innen könnten als weniger professionell angesehen werden: Im Geschäftsverkehr werden Kleinunternehmer:innen gelegentlich als weniger qualifiziert oder erfahren eingestuft.

  • Das Beenden der Kleinunternehmerregelung bringt organisatorischen Aufwand mit sich: Beim Übergang zur Regelbesteuerung ist die durch die Umsatzbesteuerung entstehende Preisänderung den Endverbraucher:innen zu kommunizieren. Andernfalls mindert sich der Gewinn erheblich. Zusätzlich ändern sich mit dem Überschreiten der Grenzen der Kleinunternehmerregelung die unternehmerischen Pflichten und eingespielte Abläufe müssen neu angepasst werden. 

  • Jährliche Prüfung auf Einhaltung der Umsatzgrenzen: Wird mindestens eine Umsatzsteuergrenze überschritten und weiterhin keine Umsatzsteuer ausgewiesen, drohen hohe Nachzahlungen durch die unbemerkte (oder ignorierte) Umsatzsteuerpflicht. Eine Rechnungskorrektur ist zwar möglich, aber vom Wohlwollen der Geschäftspartner:innen abhängig. Gerade bei Endverbrauchern besteht die Gefahr, dass sie sich weigern, die erhöhten Kosten zu tragen.

Wer darf die Kleinunternehmerregelung anwenden?

Kurz zusammengefasst: Wer die (voraussichtlichen) Umsatzsteuergrenzen von 22.000 Euro bzw. 50.000 Euro einhält, entspricht den Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung. Wichtig ist, dass die Anwendung der Kleinunternehmerregelung genauso wie der Verzicht darauf dem zuständigen Finanzamt angezeigt wird.

Hinweis: Hat ein:e Unternehmer:in z. B. mehrere Einzelunternehmen, werden die Umsätze hinsichtlich der Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung zusammengerechnet. Bei unterschiedlichen Rechtsformen kommt es zu Sonderfällen, über die Angehörige der steuerberatenden Berufe Auskunft erteilen.

Tipp: Mit diesen Methoden finden Sie ruckzuck fähige Mitarbeiter:innen für Ihr (Klein-)Unternehmen. 

Kleinunternehmerregelung beantragen

Gründer:innen müssen grundsätzlich den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausfüllen. In diesem sind unter anderem Angaben zum Umsatz und zur Beantragung der Kleinunternehmerregelung zu machen. Werden die notwendigen Voraussetzungen erfüllt und ist die Beantragung der Kleinunternehmerregelung angekreuzt, gilt man als Kleinunternehmer:in. Andernfalls unterliegt der/die Unternehmer:in der Regelbesteuerung.

Bestehende Unternehmen haben die Möglichkeit, die Kleinunternehmerregelung beim zuständigen Finanzamt zu beantragen. Voraussetzung ist, dass sie nach § 19 UStG als Kleinunternehmer eingestuft werden können und sich nicht in der fünfjährigen Sperrfrist nach dem Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung befinden.

So stellen Sie Ihr Unternehmen zukunftsfähig auf

|SoCm Resilient companies

Acht Unternehmen erzählen in diesem Leitfaden, wie sie agile Prozesse aufgesetzen, ein zukunftsfähiges Team entwickeln und Entscheidungen datenbasiert treffen.

Leitfaden hier herunterladen

Kleinunternehmerregelung: Rechnung und Buchhaltung

Kleinunternehmer:innen sind nicht zur Buchführung verpflichtet, da sie im Regelfall die zugehörigen Umsatz- und Gewinngrenzen nicht überschreiten. Sie geben stattdessen eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ab. 

Besonders relevant für Kleinunternehmer:innen ist der Verzicht auf das Ausweisen der Umsatzsteuer. Wird jedoch Umsatzsteuer ausgewiesen, wenn auch nur unbeabsichtigt, muss diese trotz Kleinunternehmerregelung an das Finanzamt abgeführt werden. Das lässt sich wie folgt begründen: Wird eine ausgewiesene Umsatzsteuer nicht abgeführt, aber vom Rechnungsempfänger als Vorsteuerabzug geltend gemacht, entsteht daraus ein staatlicher Steuernachteil.

Rechnungsbestandteile

Abgesehen vom Ausweisen der Umsatzsteuer hat die Rechnungsstellung im Rahmen der Kleinunternehmerregelung den üblichen Voraussetzungen gemäß dem Umsatzsteuergesetz zu entsprechen. Folgende Angaben müssen demnach enthalten sein:

  • vollständiger Name sowie Anschrift des ausstellenden Unternehmens als auch des Rechnungsempfängers

  • Rechnungsdatum

  • Rechnungsnummer

  • (monatsgenaues) Liefer- oder Leistungsdatum oder ein Hinweis, dass dieses mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt

  • Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

  • Menge bzw. Umfang und Art der Lieferung oder Dienstleistung

  • Rechnungsbetrag (brutto)

  • Hinweis auf Anwendung der Kleinunternehmerregelung ohne Ausweis der Umsatzsteuer

Tipp: Der Hinweistext bezüglich der Anwendung der Kleinunternehmerregelung ist gesetzlich nicht festgelegt, sollte aber Bezug auf § 19 UStG nehmen. Üblich ist beispielsweise: „Gemäß § 19 UStG enthält der Rechnungsbetrag keine Umsatzsteuer.“

Bei grundstücksbezogenen Leistungen gegenüber Privatpersonen muss außerdem ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht von zwei Jahren hinzugefügt werden. Diese Hinweispflicht gilt auch für Kleinunternehmer:innen, da deren Leistungen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, warum zwischen Umsatzsteuerbefreiung und nicht erhobener Umsatzsteuer unterschieden werden muss.

Kleingewerbe versus Kleinunternehmen

Fast jeder Gewerbebetrieb ist ein Handelsgewerbe und muss die weitreichenden Vorgaben des Handelsgesetzbuches erfüllen. Die Betreiber:innen von Handelsgewerben sind Kaufleute. Das Handelsgesetzbuch sieht jedoch in § 1 Absatz 2 eine Ausnahme für ein Unternehmen vor, das „nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert“. Unternehmen, die unter diese Ausnahme fallen, sind Kleingewerbe. Somit unterliegen Kleingewerbe nicht den Pflichten des Handelsgesetzbuches und deren Betreiber:in ist kein:e Kaufmann/Kauffrau.

Gut zu wissen: Kleingewerbe sind häufig Einzelunternehmen oder auch GbRs. Die folgenden Rechtsformen unterliegen dagegen immer dem Handelsgesetzbuch: AG, GmbH, OHG, KG, GmbH & Co. KG.

Kleingewerbe und Kleinunternehmen stehen also für zwei vollkommen unterschiedliche Begrifflichkeiten: Während der/die Kleingewerbetreibende kein Kaufmann bzw. keine Kauffrau im Sinne des Handelsgesetzbuches ist, muss der/die Kleinunternehmer:in keine Umsatzsteuer erheben.

Hinweis: Bei geringen Umsätzen können auch Kleingewerbetreibende die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen.

Lesetipp: Mit HR-Strategien zum Unternehmenserfolg!

FAQ Kleinunternehmerregelung

Wie viel darf man als Kleinunternehmer:in steuerfrei verdienen?

Solange man die Kleinunternehmerregelung für das betreffende Kalenderjahr in Anspruch nehmen kann, ist der gesamte Jahresumsatz zwar umsatzsteuerpflichtig, jedoch muss die Umsatzsteuer weder erhoben noch abgeführt werden.

Was ist bei der Kleinunternehmerregelung zu beachten?

Bei der Kleinunternehmerregelung ist auf die geltenden Umsatzgrenzen zu achten und zwischen neu gegründeten sowie bestehenden Unternehmen zu unterscheiden. Gründer:innen dürfen auf das Jahr hochgerechnet maximal 22.000 Euro Umsatz erwarten, während bestehende Unternehmen die Kleinunternehmerregelung nur nutzen können, sofern der Vorjahresumsatz 22.000 Euro und der voraussichtliche Jahresumsatz 50.000 Euro nicht übersteigt. Wer auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet, bindet sich für fünf Jahre an diese Entscheidung.

Wie viel Umsatz darf man als Kleinunternehmer:in machen?

Um den Kleinunternehmerstatus beizubehalten, darf ein:e Unternehmer:in maximal 22.000 Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaften. Wird diese Grenze überschritten, ist der/die Unternehmer:in im Folgejahr kein:e Kleinunternehmer:in mehr.

Wie viel darf ich als Kleinunternehmer:in im Monat verdienen?

Der monatliche Verdienst ist für Kleinunternehmer:innen unerheblich. Relevant sind lediglich die jährliche Umsatzgrenze von 22.000 Euro und die voraussichtliche Umsatzgrenze von 50.000 Euro.

Wann lohnt sich ein Kleinunternehmen?

Die Kleinunternehmerregelung erspart den betroffenen Unternehmen großen buchhalterischen bzw. bürokratischen Aufwand und die damit einhergehenden Kosten. Die Kleinunternehmerregelung lohnt sich demnach vor allem dann, wenn geringe Anfangsinvestitionen zu tätigen sind und der somit wegfallende Vorsteuerabzug gegenüber der Kostenersparnis nicht allzu stark ins Gewicht fällt.

Disclaimer

So wird HR zum Schlüssel des Unternehmenserfolgs

E-Mail Kurs Unternehmenspotenzial