Mehrarbeit verstehen: Definition, Rechtslage & Vergütung

Mehrarbeit verstehen: Definition, Rechtslage & Vergütung

Laut Statistischem Bundesamt leisteten im Jahr 2021 rund 4,5 Millionen Arbeitnehmer:innen in Deutschland Mehrarbeit, fast ein Viertel davon im Rahmen von unbezahlten Überstunden. Doch worin besteht überhaupt der Unterschied? Wann spricht man von Mehrarbeit und wann von Überstunden? Dies erklären wir Ihnen im folgenden Artikel.

Key Facts

  • Überschreiten Arbeitnehmende die gesetzliche Höchstarbeitszeit, handelt es sich um Mehrarbeit.

  • Die Grenzen zwischen Mehrarbeit und Überstunden verschwimmen in der Praxis mitunter. Zumindest kommt Mehrarbeit häufig als Folge von geleisteten Überstunden zustande.

  • Arbeitgeber dürfen Überstunden nur im Notfall anordnen. 

  • Zu häufige Mehrarbeit kann sich negativ auf die Gesundheit von Mitarbeiter:innen auswirken.

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Was bedeutet Mehrarbeit?

Mehrarbeit ist in der Regel die Überschreitung der geltenden Höchstarbeitszeit. Von Überstunden hingegen ist dann die Rede, wenn über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus – gemäß Arbeits-/Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung – gearbeitet wird.

Aus dem Arbeitszeitgesetz ergibt sich eine tägliche Arbeitszeitgrenze von 8 Stunden (§ 3 ArbZG). Erlaubt sind jedoch bis zu 10 Stunden tägliche Arbeitszeit, solange die durchschnittliche Arbeitszeit im Verlauf von 24 Wochen maximal 8 Stunden pro Werktag beträgt.

Oft gehen Überstunden mit Mehrarbeit einher – jedoch nicht zwangsläufig. Werden beispielsweise in einem Arbeitsverhältnis mit regulär 35 Wochenstunden ausnahmsweise 38 Stunden gearbeitet, entspricht dies 3 Überstunden. Es liegt hingegen keine Mehrarbeit vor, da man sich unterhalb der maximalen Arbeitszeitgrenze des ArbZG bewegt.

Doch Vorsicht: Weder Mehrarbeit noch Überstunden sind gesetzlich definiert. Vertragsparteien (beispielsweise bei einem Tarifvertrag) können sich mitunter auf eine leicht abweichende Begriffsbestimmung einigen.

Mehrarbeit in spezifischen Arbeitsverhältnissen

Unterliegen Arbeitsverhältnisse zusätzlich zu den allgemeinen gesetzlichen Regulierungen stundenmäßigen Einschränkungen und Besonderheiten, ist auf die Einhaltung ebendieser auch vor dem Hintergrund von Mehrarbeit zu achten.

Teilzeitarbeit

Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer:innen Überstunden und Mehrarbeit nur dann leisten, wenn das vertraglich vereinbart wurde. Dies gilt auch für Teilzeitbeschäftigte, wobei die Arbeitszeiten weiterer gegebenenfalls vorhandener Tätigkeiten ebenfalls zu berücksichtigen sind. Denn: Auch die Summe der Arbeitszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern darf die gesetzliche Höchstgrenze nicht überschreiten. 

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Schwangerschaft

Gemäß § 4 des Mutterschutzgesetzes dürfen Schwangere oder stillende Mitarbeiterinnen maximal achteinhalb Stunden pro Tag bzw. 90 Stunden pro Doppelwoche beschäftigt werden. Gleichzeitig darf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit pro Woche – auf den Monatsdurchschnitt übertragen – nicht überschritten werden. 

Elternzeit

Während der Elternzeit ist die wöchentliche Arbeitszeit auf 30 Stunden beschränkt – bzw. auf 32 Stunden, wenn das zugehörige Kind am oder nach dem 1. September 2021 geboren wurde. Mehrarbeit darf auch in diesem Fall nicht dazu führen, dass diese Vorgabe unterwandert wird.

Rechtliche Aspekte und Mitarbeitervertretung

Leisten Arbeitnehmende zu häufig Mehrarbeit, resultieren daraus mitunter Folgen für die (psychische) Gesundheit – so geht es aus einer Studie der Universität Halle-Wittenberg und der Friedrich-Alexander University Erlangen-Nürnberg hervor. 

Von daher liegt es nicht nur im Interesse der Arbeitnehmenden, sondern auch in dem des Arbeitgebers, die rechtlichen Vorgaben zu kennen und im Rahmen dieser zum Wohle aller zu agieren. Trotzdem lässt sich Mehrarbeit nicht immer komplett vermeiden, z. B. aufgrund von erhöhten Krankenständen oder einer sich plötzlich ändernden Auftragslage.

Rechte und Pflichten bei Mehrarbeit

Um unumgängliche Mehrarbeit für alle Beteiligten in einem gut verträglichen Umfang stattfinden zu lassen/durchzuführen, sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen gleichermaßen gefragt:

Rechte Arbeitnehmer:innen 

Rechte Arbeitgeber

Bezahlung der Überstunden bzw. Überstundenabbau

Weisungsrecht in Notsituationen

Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstarbeitszeitgrenzen

Festlegung der Arbeitszeit in einem gesetzlich und vertraglich vorgegebenen Rahmen

Ablehnung von nicht im Vorhinein angemeldeten Überstunden

Pflichten Arbeitnehmer:innen 

Pflichten Arbeitgeber

Bericht über die geleistete Mehrarbeit

Aufzeichnung der Arbeitszeiten inklusive Überstunden

(im Idealfall) Hinweis auf Überlastung

Schutz der psychischen und physischen Gesundheit der Arbeitnehmenden

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Mitspracherecht des Betriebsrats

Die für die Mehrarbeit relevanten Mitbestimmungsrechte ergeben sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 87 BetrVG). Demzufolge obliegt es dem Betriebsrat, folgende Entscheidungen mitzutragen:

  • Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit 

  • Pausen

  • Arbeitszeitverteilung im Hinblick auf die Wochentage

  • vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit

  • Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften

Wer ist von Mehrarbeit ausgenommen?

Jugendliche dürfen grundsätzlich maximal 8 Stunden pro Tag bzw. 40 Stunden pro Woche beschäftigt werden, was Mehrarbeit de facto ausschließt. Nur wenn sie an einzelnen Werktagen weniger als 8 Stunden arbeiten, gilt die folgende Ausnahme: In diesem Fall darf die Arbeitszeit an den verbleibenden Wochentagen auf 8,5 Stunden erhöht werden (§ 8 Jugendarbeitsschutzgesetz). 

Gut zu wissen: Schwerbehinderte können laut dem Neunten Sozialgesetzbuch verlangen, von Mehrarbeit freigestellt zu werden (§ 207 SGB IX). 

Wie wird Mehrarbeit vergütet?

Die Vergütung von Mehrarbeit ist gesetzlich nicht geregelt (Ausnahme: Berufsbildungsgesetz für Auszubildende). In der Regel wird Mehrarbeit deswegen wie angesammelte Überstunden vergütet. In welchem Umfang dies geschieht und in welcher Form, ist von individuellen Abmachungen zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber – also von Arbeits- und Tarifverträgen sowie Betriebsvereinbarungen – abhängig. Ist die Vergütung von Überstunden vertraglich nicht geregelt, so kann gemäß § 612 BGB ein Recht auf Vergütung bestehen, falls diese branchenüblich ist. Aus Mehrarbeit resultiert unter Umständen auch ein Anrecht auf Vergütungszuschläge, wie z. B. bei Nachtarbeit.

Arbeitszeiten – ein Kernthema für HR

Mehrarbeit sollte in Unternehmen ausschließlich in einem mitarbeiterfreundlichen Rahmen und wohldosiert zum Einsatz kommen. Darüber hinaus gilt es, zusätzlich geleistete Stunden zu erfassen, lückenlos zu dokumentieren und entsprechend zu vergüten. 

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FAQ: häufig gestellte Fragen zur Mehrarbeit

Was bedeutet Mehrarbeit konkret?

Von Mehrarbeit spricht man in der Regel dann, wenn eine geltende Arbeitszeitgrenze (z. B. 48 Stunden in einer Sechs-Tage-Woche) überschritten wird.

Wie unterscheidet sich Mehrarbeit von Überstunden?

Während man mit Mehrarbeit meist die Überschreitung der durch das Arbeitszeitgesetz vorgeschriebenen Höchstarbeitszeitgrenze bezeichnet, stellen Überstunden solche Mehrstunden dar, die über die vertraglich festgelegte Stundenanzahl hinausgehen. Da keine gesetzliche Definition existiert, werden die beiden Begriffe mitunter auch abweichend verwendet.

Kann der Arbeitgeber auch Mehrarbeit am Wochenende anordnen?

Mehrarbeit kann grundsätzlich nur dann angeordnet werden, wenn eine vertragliche Grundlage dafür besteht. Andernfalls besitzen Arbeitgeber lediglich in Notfällen ein Weisungsrecht für Mehrarbeit.

Welche Rechte hat der Betriebsrat bei Mehrarbeit?

Der Betriebsrat verfügt gemäß § 87 Betriebsverfassungsgesetz über ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der täglichen Arbeitszeiten inklusive vorübergehender Arbeitszeitverkürzung oder -verlängerung.

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