Nachtarbeit im Fokus: Was Unternehmen wissen sollten

Nachtarbeit im Fokus: Was Unternehmen wissen sollten

Nach einer Arbeitskräfteerhebung des Statistischen Bundesamts im Jahre 2022 arbeiten 4,6 Prozent aller Angestellten in Nachtarbeit. Doch wann spricht man überhaupt von Nachtarbeit und wie ist diese gesetzlich geregelt? Der folgende Artikel liefert Ihnen die gesuchten Antworten.

Key Facts

  • Als Nachtzeit gilt in der Regel die Zeit zwischen 23 und 6 Uhr. Der Begriff „Nachtarbeit“ umfasst jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit in Anspruch nimmt. Arbeitnehmende in Nachtarbeit werden auch als Nachtarbeiter:innen bezeichnet.

  • Die rechtlichen Rahmenbedingungen von Nachtarbeit sind vertraglich anpassbar. Dies betrifft z. B. die maximale werktägliche Arbeitszeit oder die Kompensation in Form von Nachtzuschlägen oder bezahlten freien Tagen.

  • Da mit Nachtarbeit regelmäßig physische und psychische Belastungen einhergehen, sind besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört auch, dass sich Arbeitnehmende auf ihre grundsätzliche Eignung zur Nachtarbeit untersuchen lassen dürfen.

  • Arbeitgebern obliegt es, den Nachteilen von Nachtarbeit mit gezielten gesundheitsfördernden Maßnahmen entgegenzuwirken und auf diese Weise eine Verbesserung der Work-Life-Balance zu erzielen.

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Definition: Was versteht man unter Nachtarbeit?

Man spricht von Nachtarbeit, wenn im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr (die sogenannte Nachtzeit) länger als zwei Stunden gearbeitet wird. Als Nachtarbeiter:in gelten Personen, die Nachtarbeit in Wechselschicht oder an mindestens 48 Tagen pro Kalenderjahr leisten. 

Gut zu wissen: Für Bäckereien und Konditoreien gilt als Nachtzeit der Zeitraum von 22 bis 5 Uhr.

Nachtzeit laut Gesetz (außer Bäckerei/Konditorei)
Nachtzeit laut Gesetz (außer Bäckerei/Konditorei)

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Grundlagen hinsichtlich Nachtarbeit sind §§ 2 und 6 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zu entnehmen. Nachtarbeit ist demnach nur erlaubt, wenn die Tätigkeit nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen menschengerecht gestaltet ist. 

Die maximale werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden darf auch im Rahmen von Nachtarbeit nicht überschritten werden. Eine Ausweitung auf bis zu zehn Stunden ist möglich, sofern die Mehrarbeit innerhalb von vier Wochen ausgeglichen wird (bei regulärer Tagesarbeit gilt ein Zeitrahmen von 24 Wochen). Für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden steht Arbeitnehmer:innen eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder ein angemessener Zahlungszuschlag zu.

Lesetipp: Hier gibt es mehr Informationen zum Arbeitszeitgesetz. 

Diese rechtlichen Rahmenbedingungen können in Form eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder durch eine bewilligte Ausnahme der Aufsichtsbehörde angepasst werden. Dies betrifft beispielsweise die maximal mögliche Ausweitung der Arbeitszeit bei Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst, den vorgeschriebenen Ausgleichszeitraum für Mehrarbeit oder den Beginn des siebenstündigen Nachtzeitraums (im Zeitraum 22 bis 24 Uhr).

Wichtig: Existiert ein Betriebsrat, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der konkreten Gestaltung des Schichtmodells

Hinweis: Nachtarbeit ist für Jugendliche (Jugendarbeitsschutzgesetz) sowie Schwangere und Stillende (Mutterschutzgesetz) verboten. Für Schwerbehinderte existiert kein allgemeingültiges Verbot der Nachtarbeit, jedoch ist eine behinderungsgerecht gestaltete Nachtarbeit sicherzustellen.

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Vorteile und Herausforderungen der Nachtarbeit

Während Nachtarbeit für Unternehmen teils unverzichtbar ist, bringt sie für Arbeitnehmer:innen mitunter eine zusätzliche gesundheitliche Belastung mit sich. Im Folgenden werden die unternehmerischen Vorteile den möglichen Folgen für Nachtarbeitende gegenübergestellt.

Warum Unternehmen Nachtarbeit anbieten

Manche Unternehmen sind schlichtweg auf Nachtarbeit angewiesen. Die Gründe hierfür sind vielfältig, hängen aber in den meisten Fällen mit der Art der Dienstleistung bzw. Ausgestaltung des Geschäftsmodells zusammen:

  • 24-Stunden-Dienstleistungen (z. B. Hotel, Gesundheitsversorgung)

  • effiziente Ressourcenauslastung (z. B. Maschinen, Industrie, Logistik)

  • Zeitzonenvorteile oder -abhängigkeit (z. B. Kundensupport)

Physische und psychische Auswirkungen auf Arbeitnehmer:innen

Regelmäßige Nachtschichten können für Arbeitnehmer:innen mit vielfältigen physischen und psychischen Herausforderungen einhergehen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Nachtarbeitnehmende gegen den menschlichen Biorhythmus arbeiten. Zu den potenziellen negativen Auswirkungen zählen unter anderem:

  • Schlafstörungen

  • Stress und Gereiztheit

  • Stoffwechselstörungen und Diabetes

  • Magen-Darm-Erkrankungen

  • Herz-Kreislauf-Beschwerden

  • Osteoporose

  • Rückenprobleme

  • Krebs

  • soziale Isolation bzw. Benachteiligung

  • Depressionen und Angstzustände

  • Burnout

Dauernachtschicht: Vorteile 

Um Mitarbeitende vor einem permanenten Wechsel von Tag- auf Nachtschichten zu bewahren, bietet sich das Modell der Dauernachtschicht an. Dieses Modell hat mehrere Vorteile:

  • Konsistente Arbeitsroutinen: Die dauerhafte Zuteilung zur Nachtarbeit erleichtert es Arbeitnehmenden, sich an den verändernden Schlaf-Wach-Rhythmus zu gewöhnen.

  • Bessere Planbarkeit des Privatlebens: Feste Nachtarbeitszeiten vereinfachen die Planung von Freizeit und sozialen Aktivitäten.

  • Finanzielle Anreize: Vor dem Hintergrund von Dauernachtarbeit winken Arbeitnehmenden meist finanzielle Vorteile, die in den meisten Fällen über einen erhöhten Nachtarbeitszuschlag realisiert werden.

  • Weniger Arbeitsunterbrechungen: Bei Nachtarbeit treten in der Regel weniger Ablenkungen und Unterbrechungen auf, da die Nachtstunden in vielen Unternehmen vergleichsweise ruhig und weniger hektisch sind.

Rechte und Pflichten von Nachtarbeitnehmenden

Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen

Bevor Arbeitnehmer:innen mit einer Beschäftigung in Nachtarbeit beginnen, steht es ihnen zu, sich auf Kosten des Arbeitgebers einer Gesundheitsuntersuchung zu unterziehen. Diese kann anschließend alle drei Jahre wiederholt werden. Arbeitnehmer:innen über 50 Jahre haben sogar ein Anrecht auf eine jährliche Untersuchung.

Versetzung in den Tagesdienst

Sofern keine dringenden betrieblichen Gründe dagegensprechen, besteht für Arbeitnehmer:innen die Möglichkeit, sich auf einen Tagesarbeitsplatz versetzen zu lassen. Dies ist auf deren Verlangen möglich, wenn:

  • im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Feststellung eine Gefährdung der Gesundheit des/der Arbeitnehmenden durch weitere Nachtarbeit festgestellt wird,

  • ein im Haushalt des/der Arbeitnehmenden lebendes Kind unter 12 Jahren von keiner anderen dem Haushalt angehörenden Person betreut werden kann oder wenn

  • im Haushalt des/der Arbeitnehmenden schwer pflegebedürftige Angehörige von keiner anderen dem Haushalt angehörenden Person versorgt werden können.

Falls dringende betriebliche Umstände einer Versetzung entgegenstehen, ist der Personal- oder Betriebsrat anzuhören. Dieser kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

Ruhezeiten und Pausenregelungen

Die gesetzlichen Ruhezeiten und Pausen für Nachtarbeitnehmer:innen weisen keinen Unterschied gegenüber einer Tagesarbeit auf: Der Pausenanspruch bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden liegt bei 30 Minuten bzw. bei 45 Minuten nach über neun Stunden Arbeitszeit. Die Pause muss nicht als Block genommen, sondern kann in mindestens 15-Minuten-Abschnitte unterteilt werden. Die Ruhezeit zwischen zwei Schichten darf auch bei Nachtarbeit elf Stunden nicht unterschreiten. 

Lesetipp: Das müssen Arbeitgeber über die gesetzlichen Pausenzeiten wissen!

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Zuschläge und finanzielle Kompensation

Nachtarbeitenden steht ein Ausgleich für die Nachtarbeit zu. Dieser ist entweder in Form von bezahlten freien Tagen oder in Form eines Nachtzuschlags zu realisieren. Auch eine Kombination dieser beiden Varianten ist möglich. Die Höhe des Nachtzuschlags ist gesetzlich nicht spezifiziert und von individuellen Regelungen, Tarifverträgen etc. abhängig. 

Häufig liegt der Nachtzuschlag bei den steuer- und sozialversicherungsfreien Grenzen von 25 Prozent (für Tätigkeiten zwischen 20 und 6 Uhr) bzw. 40 Prozent (für Tätigkeiten zwischen 0 und 4 Uhr, bei Arbeitsaufnahme vor 0 Uhr). Bei besonders schwerer Arbeit wird er zuweilen auch durchgängig bei 40 Prozent angesetzt.

Zu beachten ist, dass die Steuer- bzw. Sozialversicherungsfreiheit nur bis zu einer bestimmten Lohngrenze – basierend auf dem Grundlohn – gilt. Für die Steuerfreiheit liegt diese bei 50 Euro pro Stunde, sozialversicherungsbefreit sind jedoch nur Stundensätze von bis zu 25 Euro. Ist der Lohn höher als einer der bzw. beide Grenzsätze, muss der Nachtzuschlag, der auf den den Grenzsatz übersteigenden Teil des Lohns entfällt, versteuert werden.

Rechenbeispiel:

Sozialversicherung

Steuer

45 Euro – 25 Euro = 20 Euro Übertrag

45 Euro < 50 Euro

20 Euro × 0,25 = 5 Euro des Nachtzuschlags sind sozialversicherungspflichtig

Nachtzuschlag nicht steuerpflichtig

Bei einem Stundenlohn von 45 Euro und 25 Prozent Nachtzuschlag sind fünf Euro nicht sozialversicherungsfrei. Der komplette Nachtzuschlag ist steuerfrei.

Erfolgreiche Umsetzung von Nachtarbeit in Unternehmen

Um das Risiko von Negativfolgen durch Nachtarbeit zu minimieren, sind geeignete vorbeugende Strategien zu entwickeln.

Gesundheitsfördernde Maßnahmen

Die Möglichkeiten, das Wohlbefinden von Nachtarbeitnehmenden zu stärken, sind vielfältig. Neben gesundheitsfördernden Veranstaltungen, wie z. B. Workshops, Schulungen und Gesundheitstagen, stellen gezielte Fitnessprogramme, wie etwa Yogastunden und Fitnesskurse, beliebte Maßnahmen dar.

Große Unternehmen setzen darüber hinaus auf ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Dieses umfasst in der Regel Präventionsmaßnahmen und gezielte Gesundheitsfördermaßnahmen wie Gesundheitskampagnen, -checks und die gesundheitsorientierte Gestaltung des Arbeitsplatzes.

Flexibilität und Work-Life-Balance

Im Rahmen von Nachtarbeit lassen sich flexible Arbeitszeiten häufig nur bedingt realisieren. Dies liegt vor allem daran, dass Nachtschichten in der Regel aus wichtigen betrieblichen Gründen angeordnet werden und sich Nachtarbeit auf einen vergleichsweise kurzen Zeitraum des „Tages“ beschränkt. Trotzdem sollten Arbeitgeber die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeitenden gezielt unterstützen und für eine gewisse Flexibilität sorgen.

Arbeitszeiterfassung

Ein wichtiges Kernthema bei Nachtarbeit ist die Einhaltung der gesetzlichen Ruhe-, Pausen- und Arbeitszeiten. Damit Unternehmen die gesetzeskonforme Durchführung von Nachtarbeit belegen können, ist ein revisionssicheres System zur Arbeitszeiterfassung zu etablieren. Dies gelingt mithilfe entsprechender Software, Stempeluhren oder Stempelkarten.

Nachtarbeit managen 

Nachtarbeit kann eine Zusatzbelastung für Arbeitnehmer:innen darstellen, weswegen der Gesetzgeber mit entsprechenden Arbeitsschutzgesetzen reagiert hat. Diese verpflichten Unternehmen unter anderem dazu, die mit Nachtarbeit einhergehenden gesundheitlichen Belastungen auf ein Minimum zu reduzieren. Zudem ist Nachtarbeitenden ein angemessener Ausgleich zu gewähren.

Für einen schnellen und zuverlässigen Überblick hinsichtlich der (Nacht-)Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeitenden nutzen Sie am besten ein softwarebasiertes Arbeitszeiterfassungssystem

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FAQ

Ist es Pflicht, Nachtzuschlag zu zahlen?

Die Zahlung eines Nachtzuschlags ist nicht verpflichtend, sofern die Nachtarbeit alternativ in Form einer angemessenen Anzahl bezahlter freier Tage kompensiert wird. Auch eine Kombination beider Kompensationsformen ist möglich. 

Wie lange darf man am Stück in Nachtschicht arbeiten?

Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) arbeiten etwa zwei Prozent aller Arbeitnehmenden in Deutschland in Dauernachtarbeit. Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse legen jedoch nahe, dass Dauernachtarbeit gegen die menschengerechte Gestaltung von Nachtarbeit verstößt und lediglich maximal drei Nachtschichten am Stück (unter Einhaltung der Ruhezeiten und weiterer gesetzlicher Bestimmungen) erfolgen sollten.

Wie werden Nachtarbeitszuschläge berechnet?

Nachtarbeitszuschläge beziehen sich auf den Bruttolohn und sind bis zu einer Höhe von 25 Prozent (zwischen 20 und 6 Uhr) bzw. von 40 Prozent (zwischen 0 und 4 Uhr bei Arbeitsaufnahme vor 0 Uhr) steuer- und sozialversicherungsfrei – sofern der zugrunde liegende Stundenlohn nicht 50 bzw. 25 Euro übersteigt. Werden diese Beträge überschritten, wird nur der auf die übersteigende Differenz entfallende Zuschlag steuer- bzw. sozialversicherungspflichtig.

Disclaimer

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