Überstunden im Gehalt: rechtliche und praktische Aspekte

Arbeitszeiterfassung Überstundenberechnung

Laut Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wurden in Deutschland mehr als 50 Prozent der Überstunden im Jahr 2022 unbezahlt geleistet – im Schnitt knapp 17 Stunden pro Arbeitnehmer:in. Damit angeordnete Überstunden als mit dem Gehalt abgegolten betrachtet werden können, bedarf es allerdings einer rechtlichen Grundlage. Doch was muss man bei der Vertragsgestaltung berücksichtigen und wie können Arbeitgeber für eine faire Überstundenabgeltung sorgen

Key Facts

  • Eine vertragliche Überstundenregelung ist seit 2022 verpflichtend.

  • Damit Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden können, bedarf es einer rechtlich einwandfreien Vertragsklausel.

  • Unter Umständen können bis zu 20 Überstunden im Monat ohne zusätzliche Vergütung angemessen sein.

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Grundlagen der Überstundenabgeltung

Überstundenregelungen sind Gegenstand zahlreicher Tarif- und Arbeitsverträge. Teilweise findet sich auch folgende Klausel: „Sämtliche anfallende Überstunden sind bereits mit dem Gehalt abgegolten.“ Mit dieser Formulierung soll unter anderem vermieden werden, dass bereits einzelne Überstunden mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand – wie z. B. einer geänderten Lohnabrechnung – verbunden sind.

Eine solche Regelung stellt sich jedoch in vielen Fällen als unwirksam heraus. Diese Entscheidung traf beispielsweise das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil aus dem Jahr 2010 (Az. 5 AZR 517/09). Der in den Geschäftsbedingungen formulierten Klausel „erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten“ mangelte es an Klarheit darüber, mit wie vielen Überstunden Arbeitnehmer:innen zu rechnen haben. 

Die maßgebliche Gesetzesgrundlage bildet das Transparenzgebot des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), nach dem Vertragsbestimmungen klar und verständlich zu sein haben.

Als problematisch erweisen sich Regelungen zur Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt immer dann, wenn:

  • nicht erkennbar ist, unter welchen Umständen Überstunden notwendig sind,

  • kein konkreter Umfang der Überstunden definiert ist,

  • die verlangten Überstunden das übliche Maß übersteigen.

Vertragliche Regelungen

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber Überstunden von ihren Beschäftigten nur dann verlangen, wenn deren Anordnung vertraglich geregelt ist. In unvorhergesehenen Notsituationen, die umgehende Maßnahmen zur Schadensbegrenzung erfordern, dürfen Arbeitgeber Überstunden jedoch auch unabhängig von vertraglichen Absprachen als Soforthilfemaßnahme anordnen. 

Seit dem 1. August 2022 ist eine Vereinbarung bzgl. Überstunden und deren Voraussetzungen ein verpflichtender Bestandteil in Arbeitsverträgen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 NachwG). In Bezug auf die mit dem Gehalt abgegoltenen Überstunden ist auf eine verständliche, transparente Formulierung zu achten.

Bei folgenden Beispielen für Überstundenklauseln kann man davon ausgehen, dass diese von einem Arbeitsgericht als wirksam angesehen werden:

  • „Mit dem Gehalt sind bis zu zwei Überstunden pro Woche abgegolten.“

  • „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten, sofern sie einen Umfang von bis zu 10 Prozent über die vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus nicht überschreiten.“

Gut zu wissen: Ob nun 10, 15 oder 20 mit dem Gehalt abgegoltene Überstunden pro Monat noch als akzeptabel gelten, kann nur ein Arbeitsgericht im konkreten Fall entscheiden. Zumindest in einem 2010 verhandelten Fall bestätigte das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass ein Umfang von 20 mit dem Gehalt abgegoltenen Überstunden im Monat rechtmäßig war (Az. 5 AZR 331/11).

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Gesetzliche Vorgaben und Arbeitsrecht 2025

Das Arbeitszeitgesetz fordert die Einhaltung der vorgeschriebenen Pausen und maximalen Arbeitszeiten am Arbeitsplatz. Dies haben Arbeitgeber – gemäß BAG-Urteil vom September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) und Referentenentwurf vom April 2023 – im Rahmen einer lückenlosen Arbeitszeiterfassung nachzuweisen. Pro Arbeitnehmer:in gilt es somit, Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Dauer einschließlich etwaiger Überstunden zu dokumentieren

Für die Formulierung und Etablierung einer Überstundenregelung ist des Weiteren essenziell, dass kein Konflikt mit den maximalen Arbeitszeiten gemäß ArbZG besteht.

Leitende Angestellte sind vom Geltungsbereich des ArbZG ausgenommen und stellen in mehrfacher Hinsicht einen besonderen Fall dar – auch in Bezug auf die Überstundenabgeltung. Die Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf über 10 Stunden, Sonntagsarbeit und die Ableistung von Überstunden ohne Zusatzvergütung sind hier mit deutlich weniger Einschränkungen verbunden.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die vertragliche Regelung, dass Überstunden in begrenztem Umfang mit dem Gehalt abgegolten werden, lässt sich grundsätzlich rechtswirksam umsetzen. Sie bedeutet dennoch eine gewisse Planungsunsicherheit, etwa im Zusammenhang mit familiären Verpflichtungen von Arbeitnehmer:innen. Das heikle Thema der Überstundenabgeltung bzw. -entlohnung kann somit schnell zum Streitthema werden, wenn Mehrarbeit zu oft, in zu hohem Maß oder ohne entsprechende Vergütung verlangt wird. 

Eine faire Regelung im Arbeitsvertrag sollte die Rechte und Pflichten rund um Überstunden umfassend abdecken. Die essenziellen Aspekte dabei sind:

  • Klarheit: Im Einklang mit dem Transparenzgebot sollten Beschäftigte erkennen können, ob oder unter welchen Umständen sie mit Zusatzstunden zu rechnen haben. 

  • Umfang: Mit dem Gehalt abgegoltene Überstunden sollten auf eine angemessene Anzahl begrenzt sein. Orientierung bietet ein Vergleich innerhalb der Branche. 

  • Ausgleich weiterer Überstunden: Wie werden Überstunden behandelt, die über die mit dem Gehalt bereits abgegoltenen hinausgehen? Die Möglichkeiten zum Überstundenabbau bzw. zur Vergütung sollten ebenfalls Bestandteil der Vertragsbedingungen sein.

Überstundenmanagement: einfach, fair und nachvollziehbar

Sind Überstunden in gewissem Umfang bereits mit dem Gehalt abgegolten, erspart dies Zusatzarbeit bei der Gehaltsabrechnung. Doch Vorsicht: Bei zu pauschalen, unklaren Vereinbarungen können Arbeitgeber und Beschäftigte schnell in Konflikt geraten. 

Eine transparente Überstundenregelung stellt indes nur die halbe Miete dar. Für eine gesetzeskonforme Dokumentation geleisteter Arbeitsstunden bedarf es darüber hinaus eines zuverlässigen Systems zur Arbeitszeiterfassung. Mit der smarten Lösung von Personio sind Sie gut aufgestellt: Die intuitiv zu bedienende Software ist noch dazu auf individuelle Unternehmensbedürfnisse anpassbar. Testen Sie Personio jetzt 14 Tage kostenlos.

FAQ – häufig gestellte Fragen

Sind mit dem Gehalt abgegoltene Überstunden rechtens?

Eine pauschale Vertragsklausel wie „Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten“ ist nicht wirksam. Eine derartige Formulierung muss präzise aussagen, wann und in welchem Umfang unentgeltliche Überstunden zu leisten sind, damit sie rechtsgültig ist. 

Darüber hinaus muss es sich um ein „übliches Maß“ an Überstunden handeln, damit Arbeitnehmer:innen wissen, was auf sie zukommt – und ihre eigene Planung darauf abstimmen können.

Wie werden Überstunden im Arbeitsvertrag geregelt?

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Nachweisgesetzes müssen Arbeitsverträge eine Überstundenregelung enthalten (sofern kein Tarifvertrag vorliegt). Darin ist auszuführen, ob und unter welchen Voraussetzungen Überstunden angeordnet werden.

Welche Grenzen setzt das Arbeitszeitgesetz für die Überstundenabgeltung?

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) beinhaltet keinen Grenzwert dahin gehend, wie viele Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind. Eine entsprechende Klausel sollte Bestandteil eines Tarif- oder Arbeitsvertrags sein. 

Wie sieht die Rechtsprechung bei strittigen Fällen aus?

Da es keine gesetzlich festgelegten Grenzen für einen angemessenen Überstundenumfang gibt, handelt es sich bei Streitfällen in der Regel um Einzelfallentscheidungen. Ob eine Regelung wie „X Überstunden pro Woche sind mit dem Gehalt abgegolten“ wirksam ist, kann letztendlich nur ein Arbeitsgericht entscheiden. 

Disclaimer

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