Freie Mitarbeiter: Leitfaden für Arbeitgeber, Tipps & Tricks

Freelancer

Eine von vielen Success Storys zum Einsatz von freien Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen liefert das Unternehmen Argos in einer Springer-Studie. Der Kataloghändler entwickelte das Online-Portal ArgosDirect. Da ihm nötige Ressourcen und die Expertise dafür fehlten, arbeitete er mit freien Mitarbeiter:innen. Inzwischen erzielt das Unternehmen ca. 58 Prozent seiner Verkäufe online. Seine Website ist die am drittbesten besuchte Einzelhändlerseite des Vereinigten Königreichs. 

Key Facts

  • Freie Mitarbeiter:innen sind Selbstständige mit mehreren Auftraggebern.

  • Sie haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Arbeitnehmerleistungen wie Lohnfortzahlung bei Krankheitsausfällen.

  • Auftraggeber müssen keine Lohnsteuer für freie Mitarbeiter:innen zahlen.

  • Bei Scheinselbstständigkeit drohen Auftraggebern hohe Nach- und Strafzahlungen sowie Freiheitsstrafen.

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Was ist ein freier Mitarbeiter bzw. eine freie Mitarbeiterin? 

Freie Mitarbeiter:innen sind keine Festangestellten, sondern Selbstständige. Sie nehmen wie alle anderen externen Geschäftspartner Aufträge von Unternehmen an. Die Zusammenarbeit basiert nicht auf einem Arbeitsvertrag, sondern auf einem Honorarvertrag, Dienstvertrag, Werkvertrag oder einer Mischform.

Freie Mitarbeiter:innen arbeiten mit mehreren Auftraggebern gleichzeitig zusammen und bestimmen selbst, welche Aufträge sie annehmen möchten.

Synonyme für freie Mitarbeiter:innen sind Honorarkraft, Freischaffender, Freelancer, Freiberufler, E-Lancer und Selbstständiger (Überbegriff für Freiberuflichkeit).

Unterschiede zwischen freier Mitarbeit und einem Angestelltenverhältnis für Arbeitgeber

Arbeitgeber müssen viele gesetzliche Pflichten erfüllen. Bei der freien Mitarbeit ist das anders. Auf die Unterschiede zwischen einer Zusammenarbeit mit Festangestellten und freien Mitarbeiter:innen gehen wir in der folgenden Tabelle ein.

Angestelltenverhältnis

freie Mitarbeit

Bindung

(un)befristete Arbeitsverträge

zeitlich begrenzt

Loyalität

(i. d. R.) Vollzeitstellen zwischen Festangestellten und einem Arbeitgeber

meist mehrere Auftraggeber

Teil des Unternehmens

greifbar, müssen sich an interne Vorschriften halten und Anweisungen befolgen

nicht weisungsgebunden

Vergütung

fixes Gehalt, Gehaltserhöhungen und Bonuszahlungen

Stundensatz, Honorar, Pauschalpreis

Urlaub

Anspruch auf bezahlten Urlaub (bei Fünf-Tage-Woche gelten 20 Urlaubstage pro Jahr)

Auftraggeber bezahlen nur tatsächliche Arbeitszeiten

Krankheit

Anspruch auf Lohnfortzahlung (ab dem 43. Tag greift die Krankenversicherung)

Auftraggeber bezahlen nur tatsächliche Arbeitszeiten

Kündigung

Anspruch auf Kündigungsschutz (i. d. R. 4 Wochen Kündigungsfrist)

kein Anspruch auf Kündigungsschutz

Arbeitszeiten

feste Zeiten, Gleitzeit

bestimmen Mitarbeiter:innen selbst

Arbeitsplatz

Arbeitgeber stellen Arbeitsplätze (ggf. Homeoffice- und Remote-Alternativen)

bestimmen Mitarbeiter:innen selbst

Probezeit

Anspruch auf Probezeit (i. d. R. 6 Monate)

kein Anspruch auf Probezeit

Recruiting-Prozess

aufwendig

kurz

Sozialversicherungsbeiträge und Steuern

Abfuhr regeln Arbeitgeber (Gehaltsabrechnungen)

Abfuhr regeln Mitarbeiter:innen selbst

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Freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: Vor- und Nachteile für Auftraggeber 

Beide Arten der Zusammenarbeit haben Vor- und Nachteile. Arbeitgeber müssen jeden Fall individuell betrachten.

Vorteile von freien Mitarbeiter:innen

Die freie Mitarbeit kann für Unternehmen viele Vorteile haben:

  • Persönlichkeit: selbstständige, zielstrebige und neugierige Personen

  • Recruiting: schnelle Entscheidung, kaum Einarbeitungszeit (Profis auf ihrem Gebiet) und geringe Recruiting-Kosten

  • Einsatzbereit: schnell einsatzbereit, da keine Kündigungsfrist vorhanden

  • Ausstattung: keine Bereitstellung des Arbeitsplatzes

  • Interner Aufwand: gering, da keine Arbeitgeberverpflichtungen vorhanden

  • Flexibilität: schnelle Anpassung bei Markteinbrüchen und Markterholungen

  • Fixkosten: gering, da keine Lohnnebenkosten, kein Urlaubsgeld, keine Vergütung bei Krankheit oder Schwangerschaft

  • Finanzielles Risiko: gering, da nur tatsächliche Arbeit vergütet wird

  • Risiko eines fehlenden Cashflows: gering, da kein Kündigungsschutz vorhanden

  • Risiko für Betriebsblindheit: gering, da mehrere Auftraggeber vorhanden

Nachteile von freien Mitarbeiter:innen

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch unpassende Situationen für eine Zusammenarbeit mit freien Mitarbeiter:innen:

  • Persönlichkeit: distanzieren sich eher von Vorgaben, die sie selbst nicht vertreten (Frage des Führungsstils)

  • Vertrauen: Bereitschaft, Abläufe und andere interne Details offenzulegen, muss vorhanden sein

  • Akzeptanz: Arbeitsweise und Struktur können von denen des Unternehmens abweichen

  • Kontrolle: Gefühl von Kontrollverlust kann aufkommen

  • Unternehmenskultur: vertreten womöglich andere Werte

  • Unternehmenserfolg: Fokus liegt ggf. nur auf dem Erfolg ihres Projekts

  • Loyalität: geringes oder fehlendes Onboarding kann zu schwacher Loyalität führen

  • Teamwork: Gemeinschaftsgefühl kann unter Festangestellten höher sein

  • Kosten: Ausgaben können höher sein als für Festangestellte

Es hängt von der Person ab, welche Vor- und Nachteile exakt zutreffen. Freien Mitarbeiter:innen wird z. B. häufig unterstellt, dass sie nicht die gleiche Loyalität wie Festangestellte aufbringen. Dagegen spricht eine Xing-Umfrage (Hello Freelancer), laut der 78 Prozent der Freelancer:innen gerne Kontakt zu ihren ehemaligen Auftraggebern halten und so an neue Aufträge kommen. Im Gegenzug dazu gibt es Festangestellte, die sich nicht mit ihrem Unternehmen identifizieren. Wie intensiv Sie die Bindung zu Festangestellten oder freien Mitarbeiter:innen pflegen, entscheiden Sie.

Branchen und Berufe, in denen freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beliebt sind

Inzwischen ist die Liste lang. Besonders in der Kreativbranche, aber auch bei gewerblichen Dienstleistungen wird die Zusammenarbeit mit freien Mitarbeiter:innen immer beliebter. Freie Mitarbeiter:innen sind häufig in der Kommunikations- und Medienbranche (z. B. als Redakteur:in, Fotograf:in), in der Marketingbranche (z. B. als Marketer:in, Webdesigner:in), in der Rechts- und Finanzbranche (z. B. als Rechtsanwalt/-anwältin, Steuerberater:in), in der Gesundheitsbranche (z. B. als Heilpraktiker:in, Physiotherapeut:in), in der Bildungsbranche (z. B. als  Coach:in, Lehrer:in) oder als Künstler:in (z. B. als Musiker:in, Schauspieler:in) tätig.

Freier Mitarbeiter: Vertrag

Im Vertrag für freie Mitarbeit halten Auftraggeber und freie Mitarbeiter:innen die vereinbarten Rahmenbedingen für ihre Zusammenarbeit fest. Das sind die üblichen Bestandteile:

  • Vertragspartner:innen

  • Tätigkeitsbeschreibung

  • Vergütung

  • Aufwendungsersatz, sonstige Ansprüche 

  • Haftung, Gewährleistung

  • Fortbildungspflicht

  • Konkurrenz 

  • Verschwiegenheitsklausel

  • Dauer, Kündigung

  • Erfüllungsort, Gerichtsstand

  • Nebenabreden, salvatorische Klausel

Vorlagen: Arbeitsverträge rechtssicher erstellen

Vorlage Arbeitsvertrag

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Steuern für freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: Das müssen Auftraggeber zahlen

Laut Einkommensteuergesetz (EStG) müssen Arbeitgeber die Lohnsteuer ihrer Arbeitnehmer:innen einbehalten. Freie Mitarbeiter:innen sind keine Arbeitnehmer:innen. Alle zu entrichtenden Steuern werden von den Auftragnehmer:innen selbst abgeführt.

Freie Mitarbeit und Scheinselbstständigkeit: Darauf sollten Auftraggeber achten

Nach Anzeigen, routinemäßigen Kontrollen oder auf Wunsch der freien Mitarbeiter:innen können Scheinselbsttätigkeitsprüfungen durchgeführt werden.

Unter Scheinselbstständigkeit versteht man die deklarierte freie Mitarbeit, obwohl Auftragnehmende vom Auftraggeber wie Festangestellte behandelt werden. Für beide Seiten hat die Scheinselbstständigkeit Konsequenzen. Durch die hohen Einnahmen im Vergleich zu Angestelltengehältern zählt Scheinselbstständigkeit für den Gesetzgeber zur Schwarzarbeit. Besonders heikel können die Folgen für Auftraggeber ausfallen: Hohe Nach- und Strafzahlungen können finanziell schwer belasten. Achten Sie daher unbedingt darauf, wie Sie Freelancer:innen managen.

Mögliche Folgen für Auftraggeber:

  • Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Sicht bei unbeabsichtigter Scheinselbstständigkeit: Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für bis zu vier Jahre, Säumniszuschläge und Lohnsteuer (Kosten werden geteilt)

  • Arbeitsrechtliche Sicht: rückwirkender Leistungsanspruch von Arbeitnehmer:innen wie Entgeltfortzahlung (z. B. bei Krankheit oder Urlaub) und Kündigungsschutz

  • Strafrechtliche Sicht bei vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit: Bemessungszeitraum für Nachzahlung verlängert sich auf 10 bis 30 Jahre, zusätzliche Geldstrafen und Freiheitsstrafen

Fazit: kein pauschales Ja oder Nein zur freien Mitarbeit

Ob Sie neue Teammitglieder in Form von freier Mitarbeit oder über ein Angestelltenverhältnis integrieren sollten, hängt von vielen Faktoren ab. Für einige kristallisiert sich langfristig eine Mischung aus freien Mitarbeiter:innen und Festangestellten als ideale Lösung heraus. Gleichermaßen wichtig ist bei der Festanstellung und bei der freien Mitarbeit der Aufbau einer stabilen Beziehung und die möglichst einfache Abwicklung von Personalangelegenheiten. Die HR-Lösung Personio erleichtert Ihren Arbeitsalltag z. B. mit Funktionen für die Personalverwaltung, das Talent Management und die Entgeltabrechnung für Mitarbeiter:innen im Angestelltenverhältnis und in der freien Mitarbeit.

FAQ freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

Wann gilt man als freier Mitarbeiter bzw. als freie Mitarbeiterin? 

Freie Mitarbeiter:innen sind selbstständig und die Zusammenarbeit basiert auf einem Honorar-, Dienst- oder Werkvertrag.

Wie werden freie Mitarbeiter:innen bezahlt? 

Sie bekommen kein fixes Gehalt. Ihre Arbeit wird z. B. mit einem festen Stundensatz oder Honorar vergütet.

Haben freie Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen Urlaubsanspruch? 

Nein, im Vergleich zu angestellten Mitarbeiter:innen haben freie Mitarbeiter:innen keinen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub. Auftraggeber bezahlen nur die tatsächlich geleistete Arbeit.

Sind freie Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen sozialversicherungspflichtig? 

Nein, freie Mitarbeiter:innen sind keine Arbeitnehmer:innen und infolgedessen nicht sozialversicherungspflichtig.

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